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So kann der private Energieverbrauch gedrosselt werden

Die Preissteigerungen auf dem Energiemarkt sind hoch - doch mit einigen Tricks können Haushalte die Energiekosten senken.
Morgens in Köln - Energie sparen
Foto: Roberto Pfeil (dpa) | Der Kölner Dom und die Hohenzollernbrücke sind in der Nacht nicht beleuchtet. Die Stadt Köln will mit der Nichtilluminierung des Wahrzeichens Dom einen Beitrag dazu leisten, der drohenden Energieknappheit entgegen zu ...

Die kalte Jahreszeit rückt immer näher. Viele Menschen schauen mit großer Angst auf die kommenden Monate - denn die Entwicklungen der Strom- und Gaspreise lassen das Schlimmste vermuten.

Wie die Energiepreise in die Höhe schossen

Noch zu Jahresbeginn wurde an der Europäischen Strombörse in Leipzig knapp 114 Euro für eine Megawattstunde Strom fällig zur Lieferung in einem Jahr. Ende August schnellte der Preis auf beinahe 1.000 Euro je Megawattstunde hoch - nur um wenige Tage danach wieder auf 550 Euro zu fallen. Was sich derzeit an der Strombörse abspielt, hat auch mit den gestiegenen Gaspreisen zu tun, aber nicht nur.

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In der Tat hat der Preisanstieg einerseits Seite mit dem Krieg in der Ukraine zu tun - auf der anderen Seite hat aber auch der Ausfall der Atomkraftwerke in Frankreich zur Verschärfung der Situation beigetragen. Grund für die Abschaltung etwa der Hälfte der französischen Kraftwerke sind Instandhaltungsmaßnahmen und fehlendes Kühlwasser. Frankreich zählt eigentlich zu den wichtigsten Stromexporteuren Europas und musste aufgrund dieser Lage sogar Strom importieren.

Um zu verstehen, was im Moment am Strommarkt passiert, muss man die Mechanismen kennen, die den Strompreis bestimmen. Fachleute sprechen von der „Merit Order“: Zunächst prognostizieren die Stromhändler, wie viel Strom zu einem bestimmten Zeitpunkt benötigt wird. Dann schauen sie, welcher Anbieter gerade den günstigsten Strom liefern kann. Oft sind Solar- und Windstromanbieter die günstigsten Anbieter auf dem Markt - wenn deren Leistung aber nicht ausreicht, bekommen auch die nächstteureren Angebote den Zuschlag. Solange, bis genug Strom für den Bedarf beisammen ist. Das Kraftwerk, das als Letztes gerade noch zum Zug kommt, bestimmt nun den Preis – und zwar auch für all jene Kraftwerke, die eigentlich günstiger liefern könnten. In der Praxis läuft dieser Preisbildungsmechanismus im Minutentakt automatisiert ab. So stellt das System sicher, das zu jedem Zeitpunkt genügend Strom da ist – und zwar zum günstigsten Preis, der in diesem Moment möglich ist.

Experten sind uneins über die kommenden Entwicklungen

Seit Beginn des Ukrainekriegs ist der Preis für Erdgas gestiegen. Gaskraftwerke sind daher im Moment die teuersten Stromanbieter am Markt. Bei der Merit Order müssen sich diese daher ganz hintenanstellen. Das geht so lange gut, wie der Strombedarf nicht in die Höhe schnellt und andere Energiequellen stabil liefern können. Da das in letzter Zeit nicht immer gegeben war, musste man häufig auf Energie aus Gaskraftwerken zurückgreifen. Der hohe Gaspreis zieht also den Strompreis mit nach oben, obwohl Gaskraftwerke nur etwa zehn Prozent zur Stromerzeugung beitragen.

Die Achterbahn am Strommarkt lässt manchen Beobachter hoffen, dass die Preise in den nächsten Monaten wieder nach unten gehen könnten. Experten tun sich aber sehr schwer mit Prognosen. Markus Barella vom Beratungsunternehmen First Energy gab vor einigen Tagen gegenüber dem MDR eine düstere Prognose ab. „Auf Grundlage der aktuellen Börsenpreise für das kommende Lieferjahr müssen wir davon ausgehen, dass sich die Stromkosten für Privatkunden im Idealfall nur verdoppeln, sollten die Preise weiter steigen, sind auch individuell höhere Preissteigerungen möglich.“, so Barella. Allerdings betont der Experte auch, dass es im Moment schwer sei, eine seriöse Prognose für die Zukunft abzugeben. Dominic Möst, Professor für Energiewirtschaft an der TU Dresden macht trotzdem Hoffnung. Wenn es in Frankreich gelingen würde, in den nächsten zwei bis drei Monaten die Atomkraftwerke wieder in Betrieb zu nehmen, stünden die Chancen gut, dass der Strompreis sinken könnte. Nach Berechnungen des ifo-Instituts aus München würde eine Laufzeitverlängerung der drei deutschen Atomkraftwerke den Strompreis im kommenden Jahr um vier Prozent senken.

Das ifo-Institut betonte jedoch auch, Atomkraftwerke seien ungeeignet, um Schwankungen in der Nachfrage und bei den erneuerbaren Energien auszugleichen. Die Kostenstruktur verlange zudem einen Dauerbetrieb. Da die Stromversorgungslage im Winter noch nicht vorhersehbar sei, könne es sinnvoll sein, die Option Atomstrom auch im kommenden Jahr offenzuhalten. Genau dagegen stemmt sich aber im Moment Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck.

Verbraucher können sich wehren

Verbrauchern bleibt daher nur die Möglichkeit in den nächsten Monaten an Energiekosten zu sparen. Die Verbraucherzentralen raten zu einigen Maßnahmen, die zu Einsparungen führen könnten. Neben den klassischen Haushaltsgeräten wie Kühlschrank oder Waschmaschine gehören inzwischen Multimedia und Kommunikation zu den Strom-Großverbrauchern im Haushalt. Insbesondere gilt das für sehr leistungsfähige PCs, große TV-Geräte und WLAN-Router. Letztere, weil sie oft Tag und Nacht in Betrieb sind. Auch ältere Heizungsanlagen können zu den Strom-Großverbrauchern gehören. Ursache sind ungeregelte Heizungspumpen, die zudem auch im Sommer nicht ausgeschaltet werden. Bei der Beleuchtung kann insbesondere Strom einsparen, wer eher auf LED und weniger auf die nicht mehr gebräuchlichen Glüh- und Halogenlampen setzt.   

Großes Einsparpotential haben aber auch Heizung und Warmwasser. Den größten Einfluss beim Heizen hat die Raumtemperatur: Die ist am besten in keinem Raum höher als 20 Grad. Außerdem ist es ratsam, nur die Räume zu beheizen, die auch tatsächlich genutzt werden. Nachts und bei Abwesenheit kann die Raumtemperatur abgesenkt werden. Räume werden nicht schneller warm, wenn der Thermostat auf einen höheren Wert gestellt wird. Der Energieverbrauch für die Warmwasserbereitung hängt maßgeblich davon ab, wie viel Wasser benötigt wird. Wer den Wasserverbrauch möglichst niedrig hält, spart am meisten. Statt zu Baden sollte man nicht allzu lange duschen. Sparduschköpfe reduzieren den Durchfluss um bis zu 50 Prozent.   Nach Angabe der Energieberatung der Verbraucherschutzzentrale werden rund 15 Prozent der in privaten Haushalten genutzten Energie in Form von Strom verbraucht. Das klingt erstmal wenig - doch in Zeiten steigender Preise macht sich die kleinste Einsparung auf dem Konto bemerkbar.

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