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Ihr Herz gehörte Jesus

Im Verborgenen fand die junge Barbara zu Christus. Selbst als ihr Vater sie in einen Turm sperrte, blieb sie Gottes Liebe treu – und musste dafür mit ihrem Leben bezahlen.
Statue der Heiligen Barbara im Wendlinger Tunnel
Foto: IMAGO / Arnulf Hettrich (www.imago-images.de) | Der Legende nach ließ Barbara in den Turm, in dem sie gefangen gehalten wurde, ein drittes Fenster einbauen. Die drei Fenster erinnerten sie an die Heilige Dreifaltigkeit.

Advent ist die Zeit der Erwartung – eine Zeit, in der wir beispielsweise von Maria, Elisabeth und Johannes dem Täufer hören, die alle die Ankunft Jesu vorbereitet haben. Aber auch dreihundert Jahre später lebten „adventliche“ Menschen, die Christus den Weg in die Welt geebnet haben. So feiern wir im Dezember die Heiligen Barbara, Nikolaus und Lucia. Wie die heilige Lucia hat auch Barbara für ihre Liebe zu Christus das Martyrium erlitten, und wie der heilige Nikolaus lebte sie in Kleinasien, in der heutigen Türkei.

In dieser Region gab es bereits viele Christen, die sich meist verborgen hielten; denn der Glaube wurde unterdrückt und immer wieder kam es zu schlimmen Verfolgungen. Sie erzählten von einem Gott, der Liebe ist und jeden Menschen kennt. Diese Botschaft hatte auch Barbaras Herz berührt, sodass sie sich heimlich Christus zuwandte.
Da wir über die Heilige nicht wirklich viel wissen, sind wir auf alte Erzählungen angewiesen, die das Leben und Sterben der Märtyrerin mit etwas Fantasie ausgeschmückt haben. Doch zeigt diese Legende, dass der Kampf gegen den neuen Glauben sogar ganze Familien entzweit hat.

Barbara wohnte in einem prunkvollen Haus. Sie war schön und klug, aufmerksam und neugierig. Ihr Vater Dioskuros war ein mächtiger Mann, der alles fürchtete, was er nicht kontrollieren konnte. Seine größte Sorge war, dass seine Tochter etwas lernen könnte, das ihm nicht gefiel. Für besonders gefährlich hielt er den Christusglauben, der sich in der Stadt langsam ausbreitete. Und als er merkte, dass Barbara bereits davon erfahren hatte, ließ er einen Turm bauen, um sie von der Begegnung mit Christen abzuschirmen.

Ein warmes Leuchten im Herzen

Aber man kann das Herz eines jungen Menschen nicht einsperren. Barbara schaute jeden Tag aus dem Fenster. Sie sah das Blau des Himmels, die Wolken, die Vögel, die über die Stadt zogen. Barbara spürte die Sonnenstrahlen auf ihrer Haut und ein warmes Leuchten in ihrem Herzen. Und sie begann, den einen Gott zu loben, der das alles geschaffen hat. Sie erkannte in ihm einen Vater, der nicht zwingt, sondern liebevoll einlädt. „Wie lange willst du mich in diesem Turmzimmer noch festhalten?“, fragte sie Dioskuros. „Nicht mehr lange“, antwortete dieser, „dann habe ich den passenden Mann für dich.“
Da ahnte Barbara schon, dass der Vater eine Ehe für sie vereinbarte, die nur ein anderes Gefängnis sein würde. Er suchte seinen politischen Vorteil und versprach ihr eine glänzende Zukunft. Doch Barbara wollte etwas anderes: Sie suchte die Wahrheit. Als ihr Vater dann auf Reisen ging, ließ sie in das Badehaus des Turmes ein drittes Fenster einbauen. Für sie war das Dreifensterhaus ein stilles Bekenntnis zu Gott, dem Dreifaltigen: „Mein Licht kommt vom Vater, vom Sohn und vom Heiligen Geist“, dachte sie.

Als Dioskuros zurückkam und die drei Fenster sah, wurde er stutzig, erzählt die Legende. „Was soll das, Mädchen?“, fragte er zornig. „Ich werde nicht heiraten“, antwortete Barbara, „denn ich gehöre Christus.“ Da wurde Dioskuros böse: Eine Tochter, die nicht gehorcht? Eine junge Frau, die ihre Ehe verweigert? Und dazu noch eine, die die neue, verbotene Religion annahm? Für ihn war das unvorstellbar. Schäumend vor Wut stürmte der Vater in den Turm, doch Barbara entwischte ihm und floh in die Berge.

Auf der Flucht verhedderte sich ihr Kleid an dem kahlen Zweig eines Kirschbaums, als ob der sie festhalten wollte. Da hielt das Mädchen inne und erblickte in der Felswand einen engen Spalt. In ihrer Not flehte sie zu Gott. Und siehe, der Riss weitete sich und der Fels gewährte ihr Zuflucht – eine Sekunde, bevor Dioskuros keuchend ankam. „Wo bist du?“, schnaubte er. Barbara aber betete im Stillen: „Beim Herrn bin ich geborgen; er ist mir Schutz und Schild.“

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Da ließ der Vater Soldaten holen und das Gelände durchkämmen. Die fanden Barbara schließlich und brachten sie vor den Statthalter. Der verlangte, dass Barbara den römischen Staatsgottheiten opfere. Er versprach ihr Reichtum, wenn sie ihrem Glauben abschwor; er drohte ihr mit Schlägen, Gefängnis, sogar dem Tod; doch Barbara blieb standhaft. Da ließ sie der grausame Mann foltern; doch auch die Hiebe, Striemen und Ketten richteten nichts aus. „Das eine sollt ihr wissen“, rief sie dem Statthalter und ihrem Vater zu: „Nichts kann mich trennen von der Liebe zu Christus!“ Man warf sie in eine Zelle, und da geschah etwas Wunderbares: Ihre Wunden heilten über Nacht, als hätte ein unsichtbarer Arzt sie berührt. Als die Wächter das sahen, staunten sie – und einige begannen selbst, an Jesus zu glauben.

Nichts konnte sie von Gottes Liebe trennen

Schließlich wurde das Urteil gefällt: Barbara sollte sterben, wie schon so viele Märtyrer vor ihr. Das Bitterste dabei war, dass ihr Vater selbst die Hinrichtung vollstrecken wollte. Auf dem Weg zum Richtplatz hielt Barbara noch immer den kleinen Kirschzweig, der sich an ihr Gewand geheftet hatte. Sie umklammerte ihn so fest, als würde er sie trösten. Der Wind spielte in ihrem Haar, sie schloss die Augen und sie betete leise. Sie war nicht allein – auch im größten Schmerz fühlte sie Gottes Nähe wie ein Licht in der Dunkelheit.

„Du willst also deinen Trotzkopf behalten“, höhnte – so lautet die Legende – Dioskuros verbittert; und als die Tochter nicht antwortete, holte er mit dem Schwert aus und hieb ihr den Kopf ab. Da geschah, was niemand erwartet hätte: Der Zweig in ihrer Faust begann zu blühen – mitten im Winter, mitten in der Trauer, mitten im Schmerz. Wie ein Zeichen des Himmels: Im Tod ist das Leben.
Darum gibt es den schönen Brauch der Barbarazweige: Schneide heute einen Obstzweig ab und stelle ihn ins Wasser. Wenn er dann zu Weihnachten blüht, erinnert er daran, dass Gottes Liebe neues Leben hervorbringt. Die heilige Barbara zeigt uns außerdem, wie hell ein Menschenherz leuchten kann, wenn es von Gott berührt wird. Vielleicht magst du dich heute fragen: Welches „Fenster“ möchte ich in meinem Leben öffnen, damit Gottes Licht hineinfällt?

Der Autor ist ständiger Diakon, Lehrer und Theologe und lebt mit seiner Frau und vier Kindern bei Landsberg am Lech.

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