Hanns Hatt ist Professor für Zellphysiologe und ein international renommierter Geruchsforscher. 2016 entwickelte er einen Duft, der in einer Lichter-, Laser- und Musikshow im Kölner Dom eingesetzt wurde, um speziell junge Leute auf sinnliche Weise mit dem christlichen Glauben in Verbindung bringen.
Kirchen riechen oft etwas muffig, deshalb sollte der Duft, wie Hatt gegenüber der Tagespost erklärt, „jugendlich-frisch“ und „modern“ sein. Der Berliner Star-Parfümeur Marc vom Enden stellte ihn kostenlos für die Show her, gemischt aus fünfzig verschiedenen Komponenten, in dem Weihrauch und Myrrhe nicht fehlen durften. Er erhielt den sprechenden Namen „Weihrauchduft 2.0“ und sollte eine ganze Wirkungspalette enthalten, darunter „meditativ“, „stresslösend“ und „entspannend“. Mit Diffusern, Duftmaschinen die an Pfeilern und Altären angebracht waren, wurde er im Kirchenraum versprüht.
Die Rechte am Weihrauchduft 2.0 hat das Zentrum für angewandte Pastoralforschung der Universität Bochum, die am Domprojekt mitwirkten. Sie möchten den Duft nun an das Bistum Münster vertreiben, so dass er in Kirchen eingesetzt werden kann.
In Köln, so schildert Hatt, war die Resonanz auf den Duft äußerst positiv. „Gewöhnungsbedürftig“ und „bisweilen aufdringlich“ beschrieb indes Monika Salchert von rp-online ihren Eindruck seinerzeit. Über Duft läßt sich streiten, könnte man da sagen. Und auch darüber, ob die Katholische Kirche allzuviel Zeit in eine Geruchsinitiative stecken sollte. Zumal sie ja immer noch den richtigen Weihrauch hat, der in Gottesdiensten zum Inzensieren, also zum Beweihräuchern des Altars und Evangeliars, der eucharistischen Gaben, des Zelebranten und Volkes verwendet wird.
Das Inzensieren hat kultische Bedeutung. Das Räuchern dient der Reinigung und der Wohlgeruch der Ehre Gottes. Zugleich gilt der Weihrauch als Zeichen der Gegenwart Gottes und er trägt die Gebete und Bitten zum Himmel empor. Mit dem Weihrauchduft und dem emporsteigenden Rauch nimmt die Kirche die Einheit des Menschen aus Leib, Seele und Geist in den Blick: die Liturgie möchte die Gläubigen mit all ihren Sinnen ansprechen. Aber unaufdringlich, ohne Licht-, Laser- und Musikshow. Kein Erlebnis also, möchte man meinen. Oder vielleicht doch, wenn sich die Gläubigen dem Gottesdienst mit einem bereiten und geöffneten Herzen nähern.
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