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Kirchliche Stellen sollen keine Facebook-Seiten mehr betreiben

Aus Datenschutzgründen sollen kirchliche Betreiber in Bayern Facebook-„Fanpages“ einstellen. Katholische Medienvertreter äußern Kritik.
Aus Datenschutzgründen sollen kirchliche Betreiber in Bayern Facebook-„Fanpages“ einstellen.
Foto: dpa | Schon der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Ulrich Kelber (SPD), hatte dazu aufgefordert, den Betrieb sogenannter Facebook-„Fanpages“ einzustellen.

Der Diözesandatenschutzbeauftragte der bayerischen Bistümer, Jupp Joachimski, hat kirchlichen Stellen verboten, Facebook-Seiten zu betreiben. In einer Ende Februar veröffentlichten Mitteilung betonte der Leiter der katholischen Datenschutzaufsicht in Bayern, dass er damit die Anordnung des Bundesdatenschutzbeauftragten für die Dienststellen der Katholische Kirche in Bayern umsetze. 

Die Anordnung diene auch der Vermeidung von Schadensersatzansprüchen gegenüber kirchlichen Einrichtungen. Als Stichtag für die Umsetzung der Anordnung nannte Joachimski, der aufgrund fehlender Nachfolge seine eigentlich anstehende Pension noch nicht angetreten hat, den 31. März 2023. 

Herstellung eines datenschutzkonformen Zustandes

Kurz zuvor hatte der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Ulrich Kelber (SPD), das Bundespresseamt und Regierungssprecher Steffen Hebestreit dazu aufgefordert, den Betrieb sogenannter Facebook-„Fanpages“ einzustellen. Die Maßnahme diene dem „legitimen Zweck der Herstellung eines datenschutzkonformen Zustandes“. 

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Diesen sieht Kelber wegen des nur begrenzten Einflusses des Bundespresseamts auf die Datenverarbeitungspraktiken von Facebook-Mutterkonzern Meta als nicht gegeben an. Als öffentliche Stelle des Bundes hätte das Amt jedoch eine Vorbildfunktion inne, weshalb es besonders auf die Rechtmäßigkeit seiner Datenverarbeitung achten müsse – sonst spräche man ihm diese Funktion ab. 

Ähnlich argumentierte auch Joachimski, als der bayerische Diözesandatenschutzbeauftragte im Interview mit der Online-Plattform „katholisch.de“ erklärte, dass die Kirche ein Demokratiedefizit habe, im Gegensatz zu EU-Mitgliedsstaaten weder eine Demokratie noch ein Rechtsstaat sei und dies auch nicht sein könne. 

Beim kirchlichen Datenschutzgesetz besondere Strenge gezeigt

Deshalb habe man, so Joachimski, bei der Entwicklung des Kirchlichen Datenschutzgesetzes (KDG) besondere Strenge an den Tag gelegt, „um zu zeigen, dass wir bereit sind, solche Defizite auszugleichen“. Darüber hinaus seien während der Corona-Pandemie Schadensersatzansprüche aus Datenschutzgründen gehäuft aufgetreten.

Schon in dem im Oktober 2020 veröffentlichten Interview hatte er betont, er könne „von heute auf morgen anordnen, dass in der Kirche dieser oder jener Dienst nicht mehr verwendet werden darf“. Wenn eine solche Begründung vor Gericht auch Bestand hätte, müssten die Kirchen jedoch „irgendeine Art der Kommunikation haben“, räumte der bayerische Datenschutzbeauftrage damals noch ein. 

Die Konferenz der Diözesandatenschutzbeauftragten hatte – unter Bezugnahme auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) – schon 2018 kirchlichen Einrichtungen empfohlen, Facebook-Seiten abzuschalten. Im Hinblick auf die jüngste Entscheidung Joachimskis heißt es bei „katholisch.de“, dass es nicht zu den Kompetenzen der kirchlichen Aufsichtsbehörde gehöre, allgemeine Anordnungen zum Verbot der Nutzung von Social-Media-Diensten auszusprechen. Vielmehr könnten nur Bescheide gegen einzelne verantwortliche Stellen ergehen, die dann auch Verbotsanordnungen umfassen könnten. Gegen einen solchen konkreten Bescheid stehe der Rechtsweg zu den kirchlichen Datenschutzgerichten offen. Ob solche Bescheide schon vorlägen oder erst nach Fristende ergehen sollten, sei noch nicht bekannt. 

Verlegerin: "Fataler Rückschritt"

Die Journalistin und Verlegerin Hildegard Mathies bezeichnet das Verbot in der Kölner „Kirchenzeitung“ als einen fatalen Rückschritt. Lange hätten Medienfachleute „darum gerungen, die Kirche und ihre Vertreter fit zu machen für das Internetzeitalter und soziale Medien“.

Neben Nutzern, für die soziale Medien der erste Anknüpfungspunkt zur Kirche ist, seien auch internationale Partnerschaften betroffen, bei denen die Kommunikation oft über diese Kanäle laufe. In den Gotteshäusern, so die ehemalige Vorsitzende der Gesellschaft Katholischer Publizisten Deutschland (GKP), erreiche die Kirche „längst nicht so viele Menschen wie über Facebook, Instagram oder Twitter“.

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