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Ist ein Leben ohne Gott sinnlos?

In der dritten Folge des Tagespost-Podcasts „Geistreich“ diskutieren die Zeit-Journalistin und Buchautorin Valerie Schönian und die Leiterin der Home-Akademie der Loretto-Gemeinschaft, Bernadette Lang, über den Sinn des Lebens. Ob die Agnostikerin an die Ewigkeit glaubt, erfahren Sie in der Podcast-Folge.
Tagespost-Podcast zum Sinn des Lebens
Foto: Adobe Stock | Das Gespräch zwischen der überzeugten Christin und der Agnostikerin zeigt, dass Personen dieselben Ansichten haben können und doch einen unterschiedlichen Schluss daraus ziehen können.

Kann man ein Sinn erfülltes Leben führen ohne an ein übernatürliches Wesen zu glauben, das einem Sinn zuspricht? Macht das Leben überhaupt Sinn, wenn es danach nicht weitergeht? Davon handelt die dritte Folge des Tagespost-Podcasts "Geistreich".

Bernadette Lang, Leiterin der Home Akademie, die Jüngerschaftsschule der katholischen Loretto-Gemeinschaft glaubt, dass das möglich ist: „Ich glaube schon, dass man ein sinnerfülltes Leben führen kann, solange man auf der Suche nach der Wahrheit ist. Ich denke, jeder Mensch kann Elemente als wahr erkennen. Wenn jemand erkennt, dass etwas gut ist und dieser Spur folgt, dann glaube ich, dass das eine sinnstiftende Tätigkeit ist, die nicht automatisch an das explizite Bekenntnis gebunden ist. Schwierig wird es denke ich dann, wenn man einfach nicht in Erkenntnis wachsen will. Und diesen Generalverdacht habe ich schon für unsere Zeit: Dass viele Menschen sich einfach nicht den Themen stellen.“ Zugleich betont Bernadette Lang: „In dem Moment, als ich erkannt habe, dass es jemanden gibt, der mich liebt, ist mein Leben sehr viel sinnvoller geworden. “ 

Die Liebe als Sinn des Lebens

Für Valerie Schönian, die den Priester Franziskus von Boeselager der Gemeinschaft Emmanuel im Rahmen des Projekts „Valerie und der Priester“ der Deutschen Bischofskonferenz ein Jahr begleitete, ergibt das Leben auch ohne Gott einen Sinn: „Sinnhaftigkeit entsteht ja dadurch, dass du versuchst, deine Ideale zu leben, deine Werte zu leben, also dich für Gerechtigkeit zum Beispiel einzusetzen. Das fängt an bei einer Familienfeier, bei der du neben deiner 90-jährigen Oma sitzt und ihr den Kaffee reichst und geht dann zum Beispiel bis zu der Flüchtlingsinitiative, in der du dich engagierst.“ Die Aufgabe, die Welt gerechter zu machen, seinen Platz in der Gesellschaft einzunehmen, ist auch für Bernadette ein wesentlicher Sinn der menschlichen Existenz. „Ich persönlich habe das Gefühl, dass ich das von Gott empfange. Also quasi eine individuelle Sendung, die man denke ich nur erkennen kann, wenn man seine Identität kennt.“ 

Sowohl für Bernadette als auch für Valerie ist der Sinn des Lebens aber letztendlich die Liebe. „Mittlerweile würde ich sagen - und das ist über die Jahre immer mehr gewachsen - dass der Sinn des Lebens die Liebe ist“, resümiert Valerie. Doch ob man darin einen Hinweis auf etwas Übernatürliches sehe, sei Interpretationssache: „Man kommt an den Punkt, an dem man sich entscheiden muss: Sehe ich in diesem Sonnenuntergang, sehe ich in der Liebe zwischen zwei Menschen etwas Göttliches - oder den Gott - oder eben nicht?“ 

Für Bernadette ist die Liebe ebenfalls der Sinn des Lebens, einen wesentlichen Unterschied gibt es aber: „Ich würde das dann noch weiterführen, dass der Sinn nämlich Hingabe in der tiefsten Form ist. Ich merke, wenn ich mich hingebe, dann ist es für mich ein sehr sinnerfüllender Moment. Ich glaube, das ist eine tiefe Sehnsucht, die in den Menschen hineingelegt ist. Und diese Sehnsucht verweist dann wieder auf ein Wesen, das wir auch Gott nennen können.“ Zugleich sei die Liebe ein Hinweis auf die Ewigkeit: „Wenn ich jemandem etwas Gutes tue, dann kann es sein, dass das selbst über meinen Tod hinaus eine Auswirkung hat. Also mir kommt schon vor, Liebe hat diesen Wunsch nach etwas Längerem, Überdauerndem. Jemand, der dafür bekannt wird, dass er sich für andere eingesetzt hat, wird auch nach einigen Jahrhunderten noch für seinen Einsatz gelobt. Also es kommt mir schon so vor, dass mit Liebe eine gewisse Dimension von Ewigkeit hereinbricht.“

Glaube an Gott ist eine Entscheidung

Valerie stellt aber auch fest, dass der Glaube an Gott letztendlich eine Entscheidung ist: „Ich habe Franziskus, als wir beim Weltjugendtag waren, gefragt: Was fühlst du denn, was fühlst du denn, was fühlst du denn? Und er hat dann geantwortet: ‚Wir sind hier in der Menge und ich fühle Gott.‘ Und ich habe dann gefragt: ‚Wie fühlt sich das an, wie ist das mit diesem Gott?‘ Alles, was er dann beschrieben hat, dieses Gefühl, als wir unter Tausenden von Menschen standen und Frieden besungen haben, das habe ich auch total gespürt und ich fand’s super schön. Also ich hab irgendwann festgestellt, dass Franziskus und ich gar nicht etwas Unterschiedliches fühlen, sondern aus einer rationalen Entscheidung heraus was anderes darin sehen.“ 

Das Gespräch zwischen der überzeugten Christin und der Agnostikerin zeigt, dass Personen dieselben Ansichten haben können und doch einen unterschiedlichen Schluss daraus ziehen können. Den Glauben an die Wahrheit schließt das aber nicht aus. 

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