Österreich hat es anders gemacht: Auf ORF 2 konnten die Zuschauer gestern live die Abschlussmesse zum „Jubiläum der Jugend“ verfolgen, fachkundig kommentiert durch die ORF-Journalistin Sandra Szabo und Benediktiner-Abt Bernhard Eckerstorfer. In Deutschland hingegen beim öffentlich-rechtlichen Fernsehen: Fehlanzeige. Neben kleineren Nachrichtstücken findet sich fast nichts zu diesem geistlichen Großereignis mit weltweiter Ausstrahlungskraft. „Relevanz“ ist ein Schlüsselbegriff, der jeden Journalisten umtreibt. Oder besser: umtreiben sollte. Journalistisch zu arbeiten bedeutet nämlich im ersten Schritt immer, auszuwählen. Aus einer riesigen Liste möglicher Themen gilt es, Tag für Tag die Ereignisse und Probleme herauszupicken, über die berichtet werden soll. Das ist nicht einfach, ganz im Gegenteil. Und es ist auch klar: Gerade weil dieser Anspruch durchaus hoch ist, werden ihm auch immer wieder Journalisten nicht gerecht. Das wichtige Hilfsmittel heißt hier aber eben: Relevanz. Und ob die denn nun vorliegt oder nicht, ist auch nicht den subjektiven Vorlieben des Einzelnen überlassen, sondern auch hierfür hat sich die Journalisten-Zunft auf objektive Kriterien geeinigt: Aktualität, Nähe, Bedeutung, Auswirkungen, Originalität und Emotionalität.
Also machen wir einmal die Probe aufs Exempel: Aktualität besteht, einfach weil das Jugendtreffen gerade jetzt stattfindet. Die katholische Kirche ist eine Organisation, die das gesellschaftliche Leben prägt. Überall im ganzen Land ist sie in Gemeinden organisiert: Nähe, Bedeutung und die Frage, welche Auswirkungen so ein Großereignis auf die Kirche in Deutschland hat, sind damit auch gegeben. Ein solches religiöses Jugendtreffen in dieser Größe führt nur die katholische Kirche durch: Originalität. Und wenn Jugendliche über das sprechen, was sie in ihrem Innersten bewegt, wird wohl auch die Emotionalität angesprochen. Kurz: Das Jubiläum ist im höchsten Maße relevant. Natürlich ist es klar, dass der ÖRR nicht katechetische Beiträge zu dem Treffen verfasst. Das ist nicht seine Aufgabe. Aber eine umfassende Berichterstattung über so ein weltweites Großereignis, die kann der Zuschauer erwarten. Gerade denjenigen, die angesichts der immer länger werdenden Kritikliste gegenüber den öffentlich-rechtlichen Sendern sich trotzdem immer noch grundsätzlich zu ihm bekennen, weil sie seine gesellschaftliche Aufgabe sehen, machen es die Senderverantwortlichen angesichts solcher Berichtslücken immer schwerer. Der ÖRR hat den Anspruch, seinen Zuschauern und Zuhörern alles das journalistisch aufzubereiten, was auf der Welt relevant ist. Dieser Anspruch ist aber nichts für die Beschwörung hehrer Grundsätze in Intendantenreden, sondern muss in der Praxis umgesetzt werden.
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