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Samuel Beckett: Visionär der Fake-Gesellschaft

Der Schriftsteller Samuel Beckett hat die Probleme einer Gesellschaft erkannt, in der das Individuum auf sich zurückgeworfen ist.
Fake-Gesellschaft
Foto: Franziska Gabbert (dpa-tmn) | Samuel Beckett hat die Probleme der Fake-Gesellschaft erkannt.

Über das Werk des irischen Schriftstellers Samuel Beckett wird bis heute viel gerätselt. Es erschöpft sich jedenfalls nicht nur in „Warten auf Godot“. In seinen verschiedenen Werkphasen mit Gedichten, Dramen, Romanen, Fernsehspielen und Hörfunkaufnahmen hat er immer wieder versucht, das Scheitern des Menschen in der Wirklichkeit und die Unverfügbarkeit der Wahrheit zu zeigen. Psychologische oder politische Konflikte haben ihn nicht interessiert.

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Absurdes Theater, clownartige Charaktere

Beckett wird dem absurden Theater zugerechnet, ähnlich wie Ionesco oder Anouilh. In seinen Werken kommen zumeist clownartige Charaktere vor, die in einer Clownsprache leben. Es scheint kaum noch etwas ernst oder wichtig zu sein, absurd eben. Allerdings ist die absurde Nichtigkeit nicht absolut, kein Nihilismus, der selbst das Schreiben darüber sinnlos gemacht hätte, sondern wie der emeritierte Philosoph Dieter Henrich in seinem Buch „Sein Oder Nichts“ zeigte, gibt es auch Andeutungen des Seins bei Beckett. In  beinahe unauffälligen Situationen, etwa wenn ein Vater die Hand seines Kindes hält, erscheint trotz aller Absurdität eine Welt, die den Menschen trägt.

Die Fake-Mentalität schon gefühlt

Beckett scheint auch die Fake-Mentalität schon gefühlt zu haben; so etwa wenn seine Figuren Bedeutungen erfinden, wenn sie welche schaffen wollen.  Auch wenn sich der Schriftsteller früh von der Kirche distanzierte, so ist er doch ein Suchender geblieben. Entscheidend war ihm, die wichtigen Fragen des Lebens offen zu lassen und dem Leser keine Ergebnisse zu servieren. Das „Vielleicht“ ist das Schlüsselwort in seinem Werk.

DT/ari

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Redaktion Dieter Henrich Samuel Beckett

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