Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Heilige Künstler

Übermittler himmlischer Töne

In der dritten und finalen Folge der Reihe „Heilige Künstler“ dreht sich alles um kanonisierte Musiker.
Orazio Gentileschi & Giovanni Lanfranco: Die heilige Cäcilia mit dem Engel (1617 bis 1618 und 1621 bis 1627)
Foto: IMAGO (www.imago-images.de) | Schutzpatronin der Kirchenmusiker: Die heilige Cäcilia.

Die höchste Sprache, die es gibt, ist vermutlich die Sprache der Töne. Nicht wenige Heilige haben sich in diese Sprache eingeübt und an der „musica sacra“ mitgearbeitet, die einst aus den Psalmen- und Hymnengesängen des Judentums hervorgegangen ist und die von den christlichen Tonkünstlern mit neuem Geist erfüllt wurde. Bald war es ein Anliegen, die Förderung des Musischen zu institutionalisieren: Nachdem die Kirche im 4. Jahrhundert Duldung erlangt hatte, wurden vielerorts Singschulen gegründet. Bis heute ist die christliche Kirchenmusik ein zentraler Bestandteil des Kloster- und Gemeindelebens geblieben, auch wenn sie sich im Laufe der Zeit verändert hat.

Vom Heiligen Geist diktierte Choräle

Papst Gregor der Große (um 540-604) darf fraglos unter die heiligen Musiker gereiht werden, auch wenn er mehr ordnend tätig war, denn schöpferisch. Er besaß umfassende Musikkenntnisse und sammelte die bis dato gebräuchlichen Melodien der einzelnen liturgischen Teile, korrigierte sie, wo sie einen weltlichen Charakter angenommen hatten, vereinheitlichte die Gesänge und fügte hier und da neue Weisen hinzu.

Er erweiterte auch die Singschule von Rom, die nicht nur den Söhnen angesehener Familien offenstand, sondern ebenso Waisenkindern und deshalb Orphanotrophium genannt wurde. Der heilige Gregor war ihr oberster Lehrer und unterrichtete seine jungen Schüler von einem Ruhebett aus, denn er kränkelte. Trotz seiner schwachen Gesundheit war der „Consul Dei“, der Konsul Gottes, unablässig im Dienst für Welt und Kirche: Dank seiner Verhandlungen mit dem Langobardenkönig Agilulf sorgte er für Frieden, er organisierte die Verwaltung der Ländereien des späteren Kirchenstaates und widmete sich sozialen Aufgaben wie der Versorgung der Bevölkerung. Sein Name aber ist für immer verbunden mit den nach ihm benannten Gregorianischen Chorälen, die durch einfache Melodieführung gekennzeichnet sind. Eine Melodie, welche in kleinen Intervallen voranschreitet und große Sprünge vermeidet. Der Text ist meist syllabisch unterlegt, was bedeutet: auf einen Melodieton kommt eine Silbe. Laut Legende wurde Gregor das Choralrepertoire vom Heiligen Geist diktiert. Diese und weitere Legenden über die musikalische Tätigkeit des heiligen Gregors wurden bis ins 11. Jahrhundert auch vielfach bildnerisch dargestellt.

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Ein echter Musikant wiederum war der heilige Arnold von Arnoldsweiler, der Lautenschläger, Sänger und Harfenspieler am Hof Karls des Großen war. Er erfreute sich großer Beliebtheit und stand in der Gunst des mächtigen Herrschers, doch vom Pomp des Hofes ließ sich Arnold nicht beeindrucken. Die Freundschaft des Kaisers nutzte er vielmehr, um die Besitzlosen zu unterstützen. Den sogenannten Bürgerwald im Jülicher Land, den ihm der Kaiser auf seine Bitte hin übertragen hatte, schenkte er an die dortigen Bewohner weiter. Arnold starb um 800, das Hochgrab in der Arnolduskapelle im Ort Arnoldsweiler mit der lebensgroßen liegenden Sandsteinfigur zeigt den bärtigen Musiker in höfischer Tracht.

Kaum hundert Jahre später widmete sich der heilige Odo von Cluny (878-942) eingehend der Musik. Nahe Tours geboren, wurde er 19-jährig Kanonikus in der Loire-Stadt und weihte sich dem heiligen Martin. Nach Studienbeginn in Tours, setzte er seine Ausbildung bei Remigius von Auxerre in Paris fort, bei dem er auch Musikunterricht hatte. Noch ehe Odo der zweite und berühmteste Abt des Klosters von Cluny wurde, komponierte er zwölf Antiphone. Später veröffentlichte er außerdem noch einige musiktheoretische Schriften.

Von seinen Kirchengesängen sind allerdings nur wenige überliefert: einer zum Abendmahl in Hexametern, eine Hymne auf die heilige Maria Magdalena, und eine in demselben Rhythmus auf den heiligen Martin. Odo hatte zu seiner Zeit einen großen Ruf als Lehrer der Musik, aber wurde auch für sein umfassendes Wissen auf vielen anderen Gebieten gerühmt. Er wurde 1407 heiliggesprochen und ist der Schutzpatron der Musiker.

Die heilige Cäcilia verehrte Gott mit Lobliedern

Es darf nicht vergessen werden: Es gab auch heilige Musikerinnen. Allen voran die heilige Cäcilia, die in Rom gelebt haben soll. Laut Legende entstammte sie einer vornehmen römischen Familie, hatte sich in jungen Jahren Christus versprochen und besaß eine außergewöhnliche musikalische Begabung. Ab dem 15. Jahrhundert wurde die (Hand-)Orgel ihr Attribut, auf der die Heilige meisterhaft und mit himmelwärts gerichtetem Blick gespielt haben soll. Ihr wird sogar angedichtet, die Erfinderin der Orgel zu sein. Etliche berühmte Meister wie Raffael, Rubens und Domenichino haben Cäcilia mit einem oder mehreren Instrumenten bildnerisch verherrlicht, musikalische Feste und viele Chöre tragen ihren Namen und die Musik selbst feierte sie beispielsweise durch die Cäcilienode, die in England seit 1683 jährlich von führenden Komponisten neu vertont und aufgeführt wurde. Von der Londoner Society of Music wurden hierfür unter anderem Henry Purcell („Hail! Bright Cecilia”) und Georg Friedrich Händel („Ode for St. Cecilia? Day”) beauftragt.

Mitte des 20. Jahrhunderts erinnerte sich der Komponist Benjamin Britten – der am Gedenktag der heiligen Cäcilia geboren wurde – an die lange Tradition seines Heimatlandes, Oden und Lieder an die Schutzpatronin der Musik zu schreiben. Britten widmete ihr eine Hymne, deren Text sich an die Oden anlehnt, einschließlich einer Anrufung der Muse: „Blessed Cecilia / appear in visions to all musicians / appear and inspire“. Zweifellos hat die Märtyrerin mit ihrer unerschrockenen Aufopferung für den Glauben in Verbindung mit ihrer Hingabe an die musikalische Verherrlichung Gottes nicht nur Musikschaffende inspiriert.

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Esther von Krosigk Carolus Magnus Heiliger Geist Päpste

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