Feuilleton-Redakteur Stefan Meetschen hat sich den Film „Ouistreham“ angesehen, der Ende Juni unter dem Titel „Wie im echten Leben“ in die deutschen Kinos kommt. Die französische Schauspielerin Juliette Binoche spielt darin eine Schriftstellerin, die bei einer Putztruppe anheuert, um ein Buch zu schreiben, das die Realität der Menschen am Rand, jenseits der gediegenen Kulturwelt, beschreibt.
Bewunderung für den Mut
Meetschen gibt zu: „Ich brauchte etwas, um mich an den Anblick der gealterten Binoche in „Ouistreham“ zu gewöhnen.“ Ihn irritierte, dass sie bei der diesjährigen Berlinale doch viel jünger gewirkt habe. „War das nur eine gut geschminkte Inszenierung gewesen? Oder inszenierte der Film nun die Realität?“ Doch je länger er das Spiel Binoches betrachtete, desto versöhnter wurde er. „Ich begann, Binoche für ihren Mut und ihre Überzeugung zu bewundern. Wer bereit ist, sich so zu zeigen, egal, ob realistisch oder inszeniert, setzt ein Zeichen gegen den verbreiteten Jugendwahn und immer aggressiver grassierende Schönheits-OPs als verzweifeltes Mittel, die biologische Attraktivität zu verlängern, um noch ein paar Jahre länger im Geschäft zu bleiben.“
Schön ist zeitlos
Und nicht nur das: „War in manchen Szenen nicht geradezu ein Leuchten zu erkennen, das von Juliette Binoches Gesicht ausging? Trotz Falten, trotz Erschöpfung?“
Beim Anblick der gealterten Binoche und der hochtalentierten Laiendarstellerinnen, welche teilweise die Putzkolonne bilden, sei Meetschen aufgegangen, wie schön der Mensch sei – auch fernab der gängigen Ideale. Schön – in all seinen Nöten, seiner Enttäuschung, seinem Überlebenskampf. „Auch das ist eine Botschaft, die der Film „Ouistreham“ vermittelt – und dass eigentlich kein Grund für die Kluft besteht zwischen den scheinbar so Erfolgreichen im Leben und denen, die jeden Cent umdrehen müssen.“ Das Gesicht in seiner zeitlosen Schönheit könne, frei Emmanuel Lévinas, ein Hoffnungsträger sein. DT/mee
Stefan Meetschen über Juliette Binoche und ihren neuen Film. Lesen Sie den ganzen Text in der kommenden Ausgabe der Tagespost.