Die Schweizer sind berühmt für ihren Käse, ihre Uhren und ihre Volksabstimmungen. So überrascht es nicht, dass die weltweit erste Volksabstimmung zum Thema „Gendersprache“ in Zürich durchgeführt wurde. Dort sind die Mitarbeiter der Stadtverwaltung seit 2022 explizit angehalten, geschlechtsneutrale Formulierungen zu verwenden, also entweder Partizipialkonstruktionen wie „Zufußgehende“ oder Gendersternvarianten wie „Mitarbeiter*innen“.
Überraschen dürfte hingegen das Ergebnis der gestrigen Abstimmung: Nur 42,7 Prozent stimmten für die Volksinitiative „Tschüss Genderstern!“, die einen Abschied von den genannten Schreibweisen gefordert hatte. Die SVP-Politikerin Susanne Brunner, das Gesicht der Initiative, zeigte sich enttäuscht von dem Ergebnis, hofft aber, dass es dennoch wahrgenommen wird: „Immerhin haben 43 Prozent der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger die Initiative angenommen. Das sind nicht wenige Leute – und der Stadtrat stößt sie mit seiner Kommunikation jeden Tag vor den Kopf.“
Großstädtische Milieus sind anfälliger für linke Hirngespinste
Die erste Reaktion der sozialdemokratischen Stadtpräsidentin Corine Mauch auf das Ergebnis dürfte Brunners Hoffnungen allerdings ein wenig dämpfen: „Jetzt kann man sagen: Tschüss Volksinitiative Genderstern! Nonbinäre- und Transmenschen sind Teil unserer Gesellschaft und unserer Stadt, und ich bin froh, dass wir sie in der Sprache weiterhin berücksichtigen können.“
Was bedeutet dieses Ergebnis nun für den übrigen deutschsprachigen Raum? Ist das Scheitern der Initiative der Anfang vom Siegeszug des Gendersterns? Mitnichten, denn großstädtische Milieus sind traditionell anfälliger für linke Hirngespinste. Hätte man eine entsprechende Abstimmung im Kanton Aargau abgehalten, wäre das Ergebnis zweifellos anders ausgefallen. Zugleich zeigt dieses Ergebnis aber auch, dass sich die Befürworter politisch korrekter Sprachdiktate noch lange nicht geschlagen geben.
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