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Abschied von einer Legende

Nach dem Ausscheiden Deutschlands hat Toni Kroos die Fußballschuhe an den Nagel gehängt – Tribut eines Kroosianers.
Toni Kroos hängt die Fußballschuhe an den Nagel
Foto: IMAGO/THOMAS KIENZLE (www.imago-images.de) | Mittlerweile nennen viele seiner Mitspieler Kroos aber einfach auch nur „Legende“. Wie die Fans, die das schon länger tun.

Seine Mitspieler bei Real Madrid nannten ihn „Iceman“. Nach dem von Val Kilmer in „Top Gun“ gespielten Marineflieger Tom Kazansky. In dem Film erklärt Co-Pilot Nick Bradshaw v/o „Goose“ (Anthony Edwards) dem Piloten Pete Mitchell v/o „Maverick“ (Tom Cruise) wie „Iceman“ zu seinem Rufnamen kam. Es sei „seine Art zu fliegen: äußerst kaltblütig und ohne Fehler. Er lässt dich so lange hängen, bis du frustriert bist und einmal was Falsches tust, dann hat er dich!“

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„Äußerst kaltblütig“ und nahezu „ohne Fehler“ ist auch das Spiel von Toni Kroos. Mit seinen vielen, unspektakulären Kurzpässen verfolgt der Meister des Rasen-Schachs auf dem Grün das gleiche Ziel wie Kazansky in der Luft. Den Gegner so lange zu bewegen und zu Positionswechseln zu zwingen, bis er einmal was Falsches tut und so Platz für den tödlichen Pass schafft.

Wie wird man zur Legende?

Mittlerweile nennen viele seiner Mitspieler Kroos aber einfach auch nur „Legende“. Wie die Fans, die das schon länger tun. Via Instagram, wo Toni Kroos mehr als 48,5 Millionen „Follower“ aufweisen kann, hat sich der 34-jährige Ausnahmefußballer nun offiziell vom Profifußball verabschiedet. Auf Englisch, dafür aber im Deutschland-Trikot, dem Betrachter den Rücken mit der Nummer 8 zugewandt, die Fußballschuhe in der Hand. 6,6 Millionen Mal wurde ihm hier bereits nachgerühmt. Das mit Abstand häufigste Wort auch hier: „Legende“, „Leyenda“ oder auch „Legency“.

Was die Frage aufwirft, wie man eigentlich zur Legende wird? Eine Antwort findet sich auf dem Video-Kanal „You-Tube“. Etwas mehr als zehn Minuten dauert das Video, das den Titel „The Greatness of Toni Kross“ trägt und einen Zusammenschnitt seiner genialsten Pässe und schönsten Tore offeriert. Feinkost für die Gourmets unter den Fußball-Sachverständigen. Hat man sich vom ständigen Mit-der-Zunge-Schnalzen und den vielen „OMG“-Rufen wieder erholt, fällt einem ein: Natürlich tragen auch die 34 Titel, die Kroos in 17 Jahren als Profifußballer errang (mehr als jeder andere deutsche Spieler) zu seinem Status als Legende bei.

 „Vollprofi“ und „geborener Anführer“

Durchschnittlich zwei Titel pro Jahr zu erringen, das zeugt von einer phänomenalen Konstanz. Und die muss man sich erarbeiten. „Toni Kroos“, sagt der französische Welt- und Europameister Zinédine Zidane, selbst einer der besten Spielmacher aller Zeiten und fünf Jahre ebenfalls in den Diensten Real Madrids (2001–2006), sei „immer der Erste auf dem Trainingsplatz und auch der Erste im Fitnessraum“ gewesen. „Zizou“ muss es wissen. Nach seinem Abschied als Profifußballer kehrte er als Trainer zur Real Madrid zurück und gewann mit Toni Kroos im Dress der Königlichen dreimal hintereinander (2016-2019) die Champions League.

Der König des „Packings“, Kroos überspielt pro Spiel durchschnittlich 63 Gegner und sorgt so für mehr gefährliche Situationen als jeder andere Fußballer, sei ein „Vollprofi“. Einer, dessen „totale Gelassenheit“ Mitspielern Vertrauen einflöße und Gegner verunsichere. Denn alle wüssten, wenn Kroos den Ball habe, „verliert er ihn eigentlich nicht wieder“. Toni Kroos sei „der geborene Anführer“, einer „der die Kapitänsbinde gar nicht braucht“, um Autorität auszustrahlen. Seine „natürliche Autorität“ entspringe seiner „Liebe zum Spiel“. „Perfektion“, so Zidane, gebe es im Fußball nicht. Aber „niemand“ sei „so nah dran, wie Kroos“.

Kroosartig: Auch abseits des Platzes

Die Legende überzeugt aber längst auch abseits des Platzes. Mit der von ihm gegründeten „Toni Kroos-Stiftung“ hilft er schwerkranken Kindern und ihren Familien. Im September eröffnet er in Madrid eine Fußball-Akademie für Kinder und Jugendliche. Natürlich, verriet er kürzlich im Interview mit Markus Lanz und Richard David Precht, habe er sich das Ende seiner Karriere lange und gut überlegt. Und natürlich hätte er auch noch weiterspielen können. In Madrid versuchte Reals Trainer Carlo Ancelotti jedenfalls viel, um ihn zum Bleiben zu überreden. Und auch Julian Nagelsmann würde wohl ebenfalls gerne weiter ihm planen dürfen. Sein jüngster Sohn sei aber, so Kroos bei „Lanz & Precht“ „nur jetzt Fünf“. Statt die Wochenenden weiter in Fußballarenen und Hotels zu verbringen, will die Legende lieber daheim bei seiner Frau und seinen drei Kindern sein. Und so sehr das Fanherz auch bluten mag: Irgendwie ist auch das kroosartig.

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Stefan Rehder Richard David Precht

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