Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung „Fiducia supplicans“

Segnungen „irregulärer" Paare: „Kein Bruch mit Morallehre“

Die Initiativen „Neuer Anfang“ und „Maria 1.0“ nehmen kritisch Stellung zur Grundsatzerklärung des Glaubensdikasteriums.
Ein Arbeiter hängt eine Regenbogenfahne vor die Kulisse des Doms.
Foto: Oliver Berg (dpa) | Ein Arbeiter hängt eine Regenbogenfahne vor die Kulisse des Doms.

Die beiden katholischen Reforminitiativen „Neuer Anfang“ und „Maria 1.0“ haben die Grundsatzerklärung „Fiducia supplicans“ des Glaubensdikasteriums kritisch beleuchtet. Der „Neue Anfang“ sieht entgegen anderer Darstellungen keinen Bruch mit der kirchlichen Morallehre. Nach dem Wortlaut des Dokuments bleibe es fest bei der überlieferten Lehre der Kirche über die Ehe, das Schreiben lasse keine Art von liturgischem Ritus oder ähnliche Segnungen zu, die Verwirrung stiften könnten, so die Initiative in einem am Montag veröffentlichten Statement.

Kein Bruch mit kirchlicher Morallehre

Solange das Dokument „vollständig und korrekt“ wahrgenommen werde, billige es gerade nicht, sondern delegitimiere die sich in Deutschland ausbreitende Praxis liturgisch-ritueller Segnungen für gleichgeschlechtliche Paare sowie für andere irreguläre Beziehungen. Die Initiative wies darauf hin, dass das Dokument außerdem die vom „Synodalen Weg“ geforderten „Veränderungen der Lehre von Ehe und Sexualität, wie sie in der Praxis schon in vielen Diözesen vorweggenommen wurden“, ablehne.

 Der „Neue Anfang“ erklärt weiter, dass aus der unmittelbaren Lektüre des Dokumentes keinesfalls hervorginge, dass es sich dabei um ein „Schlupfloch“ handele. Der schlechte Ruf der Erklärung sei laut der Initiative ein Ergebnis absichtlichen Missverstehens „von reaktionärer wie progressiver Seite“. Der "Neue Anfang" warnte vor einer "bösartigen" Instrumentalisierung des Textes. 

„Liturgische Formlosigkeit“

Die Reforminitiative „Maria 1.0“ kritisiert in einer Stellungnahme den Text des Glaubensdikasteriums als ein „theologisch sehr ambivalentes und mehrdeutiges sowie unpräzises Dokument“. Laut Clara Steinbrecher, der Leiterin von Maria 1.0, strotze der Text von „einem fast schon an Naivität grenzenden Optimismus bezüglich der Anwendung und der Begleitumstände sowie der Umsetzung der selbst zu formulierenden Rubriken“.

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Theologisch nehme die Erklärung „für sich in Anspruch, das klassische Verständnis von Segnungen zu erweitern und zu bereichern“. Segnungen seien laut Steinbrecher nur „für alles Gute, alles, was Gott geschaffen hat, immer möglich und dürfen grundsätzlich nicht verboten werden“. Für „Sünden und sündige Einstellungen“ sei dies aber unmöglich. Obwohl das Glaubensdikasterium diesen Sachverhalt sowie den „den Unterschied zum Sakrament der Ehe und den damit verbundenen Segnungen“ klar betone, stellen die neuen Segnungen laut Steinbrecher „ein Novum in der Kirchengeschichte“ dar.

Durch die Begründung, es sei in der pastoralen Praxis nötig, „außerliturgisch und außerhalb rubrikaler Regeln“ zu segnen, werde nun die „Möglichkeit der Segnung von irregulären Situationen“ eingeführt. Dafür gebe es noch keine offiziellen Vorgaben. Diese "liturgische Formlosigkeit" stelle "eine Art der Entrechtlichung und Liberalisierung der Segnungen“ dar, so Steinbrecher.

Uneindeutigkeit ermöglicht viele Lesarten

Steinbrecher sieht das Dokument als Teil einer "Appeasementpolitik" Roms gegenüber liberalen Diözesen und Verbänden sowie gegenüber dem synodalen Ausschuss. Sie warnte vor Missbrauch und Missverständnissen des Dokumentes, was dazu führen könne, „sündige Beziehung homosexueller und geschiedener Paare in irregulären Situationen“ zu segnen. 

"Maria 1.0" räumte ein, dass das Dokument im richtigen Kontext möglicherweise als Einführung eines weiteren Schatzes der Volksfrömmigkeit gewertet werden könne, der Menschen aus verzweifelten Situationen heraushelfen und mit Gott vereinen könne. Steinbrecher kritisierte aber, dass das Dikasterium in dem Text selbst bereits angekündigt hatte, dass keine Antworten auf Fragen zur konkreten Umsetzung zu erwarten seien. DT/jmo

Lesen Sie weitere Hintergründe zur neuen Grundsatzerklärung des Glaubensdikasteriums in der kommenden Ausgabe der "Tagespost".

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