Der emeritierte Bischof von Versailles und Kirchenbeauftragte für den Wiederaufbau der Pariser Kathedrale Notre-Dame, Éric Aumonier, sieht in der Restaurierung des berühmten Gotteshauses „eine Chance, Notre-Dame wiederzuentdecken“. Im Gespräch mit der Tagespost meint der gebürtige Pariser: „Man kann an der Kathedrale nichts verbessern. Die Kathedrale ist eine Gabe, das uns anvertraute Erbe vieler Jahrhunderte.“
Wiederaufbau als "Zäsur"
Aumonier sieht den verheerenden Brand im Jahr 2019 und den anschließenden Prozess des Wiederaufbaus als eine „Zäsur“, die sich auch im Hinblick auf die stetig gewachsenen Besucherzahlen günstig auswirken könne. Man könne sich nun fragen, wie man besser mit dem Strom von zwölf Millionen Besuchern pro Jahr umgehe.
Nach der Restaurierung sollen die Besucher nach Vorstellung des 75-jährigen Geistlichen „auf pädagogisch wertvolle Weise empfangen werden und zugleich eine Einführung in das Kirchengebäude erhalten“. Notre-Dame sei kein Museum, betont Aumonier, „sondern ist ein Ort des Gebets und ein Pilgerziel“. Die steigende Zahl nicht-christlicher Besucher solle durch einen Wegweiser Orientierung in der Kathedrale finden. Zudem solle nach der Wiedereröffnung ein „starkes Team, das vorbetet, die Menschen auch mit Hilfe der reichen Ausstattung von Notre-Dame zum Nachdenken und Beten anregen“.
Corona nicht negativ für Spendenaufkommen
Mit Blick auf die Gestaltung des Innenraums stelle sich momentan noch die Frage nach der Stellung des Altar, so Aumonier, zu dessen Aufgaben es gehört, den Pariser Erzbischof gegenüber der für die Restauration zuständigen staatlichen Einrichtung zu vertreten. Nach dem Brand müsse über einen neuen Altar nachgedacht werden, der wie der vorherige in der Vierung stehen solle. Auf die Frage, ob nach der Restaurierung beide Formen des römischen Ritus in der berühmten Kathedrale gefeiert werden, antwortet der Bischof: „Wie überall kann der Ortsbischof die Feier des außerordentlichen Form des römischen Ritus in Ausnahmefällen genehmigen.“ Er gehe aber davon aus, dass die Restaurierung das Verständnis für die ordentliche Form, wie sie in Notre-Dame gefeiert wird, vertiefen könne.
Die Corona-Pandemie, so schildert Aumonier weiter, habe sich nicht negativ auf das Spendenaufkommen ausgewirkt. Sowohl die Spendenbereitschaft der Großspender als auch der Kleinspender sei überwältigend. „Was mich bewegt, sind die einfachen Gläubigen aus aller Welt, die nicht nur spenden, sondern sich auch für den Fortgang der Arbeiten interessieren.“ Das Interesse an Notre-Dame, betont der Bischof, sei nie größer gewesen als jetzt. DT/mlu
Wie kann der Zusammenhang zwischen Eucharistie und Taufe sinnfällig werden? Wie geht es in puncto Kirchenmusik weiter? Die Antworten erfahren Sie in der kommenden Ausgabe der Tagespost.