Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Kirche und Homosexualität

Kardinal Sarah: Wahrheit ist „überall dieselbe“

In einer Rede vor afrikanischen Bischöfen lobt Sarah den Widerstand gegen „fiducia supplicans“ und warnt vor der Weltsynode vor Angepasstheit im Westen.
Robert Kardinal Sarah vor dem Petersdom
Foto: imago stock&people | Profilierter konservativer Papstkritiker: Robert Kardinal Sarah vor dem Petersdom.

Der emeritierte Kurienkardinal Robert Sarah hat afrikanische Bischöfe in einer Rede in Kamerun dazu aufgerufen, bei der im Oktober in Rom tagenden Weltsynode kompromisslos die Wahrheit und die „Universalität des Glaubens“ zu verteidigen. Das geht aus einer auszugsweisen Mitschrift der Rede, die der bekannte Vatikanjournalist Sandro Magister auf dem Blog „diakonos.be“ veröffentlicht hat, hervor.

Der ehemalige Präfekt des Dikasteriums für den Gottesdienst, der selbst aus Guinea stammt, lobte seine Mitbrüder in der bereits am 9. April gehaltenen Rede demnach auch dafür, dass sie der Kirche mit ihrer „mutigen und prophetischen Erklärung“ zur Frage der Homosexualität und der Segnung homosexueller Paare „einen großen und tiefen Dienst erwiesen“ hätten. Wie viele Bischöfe in Afrika hat sich auch die kamerunische Bischofskonferenz die vatikanische Erklärung „Fiducia supplicans“, die die Segnung homosexueller Paare ermöglicht, öffentlich kritisiert.

Im Westen hätten einige fälschlicherweise behauptet, die Ablehnung entspreche einem „afrikanischen kulturellen Partikularismus“. Dabei sei es „falsch und lächerlich, den afrikanischen Bischöfen solche Ziele zuzuschreiben“. Vielmehr hätten die afrikanischen Hirten „im Namen der Wahrheit des Evangeliums und der Menschenwürde und des Heils der ganzen Menschheit in Jesus Christus“ gesprochen.

Lesen Sie auch:

Mit Blick auf die bevorstehende Synodensitzung empfahl der Kardinal große Wachsamkeit: „Wir wissen, dass einige, auch wenn sie das Gegenteil behaupten, darauf vorbereitet sind, eine Reformagenda zu vertreten. Dazu gehört die zerstörerische Idee, dass die Wahrheit des Glaubens je nach Ort, Kultur und Volk unterschiedlich aufgenommen werden muss.“ Für Kardinal Sarah handelt es sich dabei um „eine falsche Darstellung der Diktatur des Relativismus“, die Benedikt XVI. scharf verurteilt habe. Die Wahrheit sei „überall dieselbe, in Europa wie in Afrika und in den Vereinigten Staaten. Denn die Menschenwürde ist überall dieselbe.“

Afrikanische Verteidiger der Wahrheit

Unter Berufung auf das Wort des Herrn „Darum geht und macht alle Völker zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe“ (Mt 28,19-20) betonte der Kardinal, dass die Apostel zu allen Völkern gesandt worden seien, um den Glauben und die Moral des Evangeliums zu verkünden.

Die afrikanischen Episkopate seien offenbar „die Verteidiger der Universalität des Glaubens gegen die Verteidiger einer fragmentierten Wahrheit“. Deshalb müssten die afrikanischen Bischöfe auf der Weltsynode „unbedingt im Namen der Einheit des Glaubens sprechen und nicht im Namen bestimmter Kulturen“. Die Kirche in Afrika habe die Aufgabe, „das Wort Gottes den westlichen Christen zu verkünden. Denn diese meinen, weil sie reich sind, sie seien fortschrittlich, modern und weise nach der Weisheit der Welt“. Aber, so Sarah unter Berufung auf den Korintherbrief, „das Törichte an Gott ist weiser als die Menschen“.

Gegen diejenigen, die die Synode ausnutzen, um „unter dem Deckmantel des gegenseitigen Zuhörens und des ‚Gesprächs im Geist‘ einer weltlichen Reformagenda zu dienen, müsse jeder Nachfolger der Apostel den Mut haben, die Worte Jesu (Mt 5,37) ernst zu nehmen: „Eure Rede sei: Ja ja, nein nein; was darüber hinausgeht, stammt vom Bösen“.

In der westlichen Welt verbreite sich „eine Art psychologische Angst“: die Angst, mit der Welt im Streit zu liegen. Viele westliche Bischöfe seien „wie gelähmt von der Idee, sich der Welt zu widersetzen. Sie träumen davon, von der Welt geliebt zu werden“. Sie hätten den Willen verloren, „ein Zeichen des Widerspruchs zu sein“. Die Kirche unserer Zeit sei der Versuchung des Atheismus ausgesetzt, allerdings nicht des intellektuellen Atheismus, sondern eines „subtilen und gefährlichen Zustands des Geistes: des flüssigen und praktischen Atheismus“. Ein solcher „flüssiger Atheismus“ durchdringe „die Adern der heutigen Kultur. Er spricht seinen Namen nie aus, dringt aber überall ein, sogar in kirchliche Reden.“ Dies sei die größte Versuchung unserer Zeit. „Das Wesen des flüssigen Atheismus ist das Versprechen eines Kompromisses zwischen Wahrheit und Lüge.“ Der flüssige Atheismus sei „die letzte Falle des Verführers, des Satans.“

„Die Kirche liegt im Sterben“

Entsprechend appellierte Sarah an jeden einzelnen Bischof, sich zu entscheiden: „Die Lüge des Atheismus wird in mir keinen Platz mehr finden. Ich will nicht mehr auf das Licht des Glaubens verzichten, ich will nicht mehr aus Bequemlichkeit, Faulheit oder Konformismus Licht und Finsternis in mir koexistieren lassen.“ Weiter fragte Sarah: „Wovor haben wir Angst? Das Wesentliche ist, dass wir unsere Hand fest in Gottes Hand halten! Unser Glaube ist diese tiefe Verbindung mit Gott selbst“: „Ich weiß, wem ich Glauben geschenkt habe“. Angesichts des sich ausbreitenden Atheismus komme dem Glauben eine wesentliche Bedeutung zu. Er sei „sowohl der Schatz, den wir verteidigen wollen, als auch die Kraft, die uns befähigt, uns zu verteidigen.“

Um den Geist des Glaubens zu bewahren, müsse „auf jeden Kompromiss“ verzichtet werden. Das bedeute, „sich zu weigern, die Dinge auf eine andere Weise zu sehen als im Glauben“. Die Hand in Gottes Hand zu legen sei „die einzig mögliche Quelle des Friedens und der Sanftmut.“ Der Glaube sei aber auch eine Quelle der Freude: „Wie könnten wir nicht froh sein, wenn wir uns dem anvertrauen, der die Quelle der Freude ist?“ Der Glaube schaffe Kraft und Freude zugleich: „Der HERR ist mein Licht und mein Heil: Vor wem sollte ich mich fürchten?“

Kardinal Sarah schloss seine Ansprache mit den Worten: „Die Kirche liegt im Sterben, sie ist von Bitterkeit und Parteilichkeit befallen, und nur der Geist des Glaubens kann ein echtes brüderliches Wohlwollen hervorbringen. Die Welt liegt im Sterben, verschlungen von Lüge und Rivalität, und nur der Geist des Glaubens kann ihr Frieden bringen.“

Die Printausgabe der Tagespost vervollständigt aktuelle Nachrichten auf die-tagespost.de mit Hintergründen und Analysen.

Themen & Autoren
José García Apostel Bischöfe Glaube Jesus Christus Kurienkardinäle Robert Sarah Wahrheit

Weitere Artikel

Kirche

Yannick Schmitz, Referent beim Berliner Vorortspräsidium des Cartellverbandes, sieht gute Gründe dafür, dass der Verband künftig wahrnehmbarer auftritt.
27.04.2024, 13 Uhr
Regina Einig
Jesus macht sich eins mit dem Volk der Sünder - auch im Gebet, meint Papst Franziskus in einer Katechese über das Beten.
28.04.2024, 17 Uhr
Papst Franziskus