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Diözesanrat Aachen: Mit Hochdruck links überholen

Der Diözesanrat des Bistums Aachen möchte zum Motor des Synodalen Weges werden. Eine Veranstaltung am Wochenende soll Maßstäbe setzen für das, was man als notwendige Veränderung der katholischen Kirche betrachtet.
Veranstaltung "Mut - Macht - Mündig" in Mönchengladbach
Foto: Marius Becker (dpa) | Der Aachener Diözesanrat will am Samstag bei einer Veranstaltung die Themenfelder des Synodalen Weges diskutierten.

„Mut – Macht – Mündig. Kirche geht auch anders“ heißt es am Samstag in der Citykirche von Mönchengladbach. Dass der Aachener Diözesanrat die Worte „Macht“ und „Mündig“ groß schreibt ist kein Zufall und auch nicht dem in den Dokumenten dieses Gremiums mitunter großzügigen Umgang mit den Feinheiten der Grammatik geschuldet. Die drei Worte machen vielmehr deutlich, worum es dem Gremium geht – die Macht, die Regeln selbst zu bestimmen. Allerdings begnügen die Vertreter des Diözesanrates sich keinesfalls mit grammatikalischen Reförmchen. Sie wollen vielmehr der Motor des Synodalen Weges sein und mit ihrer Veranstaltung Maßstäbe für das setzen, was sie die notwendige Veränderung der katholischen Kirche nennen.

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Unreflektierte und zugespitzte Äußerungen

Worum es dabei geht, macht schon die Wahl des Referenten, des Freiburger Professors für Moraltheologie und Ethik an der Theologischen Fakultät der Universität Fribourg, Daniel Bogner, deutlich. Welches Niveau die Argumentationslinien Bogners haben, der überzeugt ist, der Kirche fehle die staatliche Trennung von gesetzgebender, ausführender und rechtsprechender Gewalt und der Bischöfe bedürfe der Legitimation durch die Gläubigen wird an seiner Äußerung deutlich, wer Frauen von Weiheämtern ausschließe, weil Jesus ein Mann gewesen sei, dürfe künftig nur noch Juden und Zimmermanssöhne zur Priesterweihe zulassen.

Dass derart unreflektierte und zugespitzte Äußerungen auf Kritik stoßen könnten, fürchten wohl auch die Veranstalter von „Mut – Macht – Mündig“. Deshalb haben sie mit der Struktur der Veranstaltung dafür gesorgt, dass die dort behandelten Themenkomplexe „Macht und Gewaltenteilung in der Kirche“, „Kirchliche Sexualmoral“, „Zölibat und priesterliche Lebensformen“ sowie „Frauen in Diensten und Ämtern der Kirche“ nur in Einzelgruppen, nicht aber im Plenum diskutiert werden. Gegner der lautstark verkündeten Marschrichtung sollen sich weder vernetzen, noch für alle hörbar ihre Einwände äußern können.

Hoffen, dass der Geist Gottes zusammenführt

Andrea Nell, Kirchenmusikerin und Mitglied im Katholikenrat Aachen Land hat deshalb vorsorglich ihre ebenso profunde wie kritische Analyse der Stellungnahme des Diözesanrats Bischöfe Helmut Dieser zukommen lassen, um sicherzustellen, dass auch jene Stimmen Gehör finden, die nicht der Ansicht sind, dass die Lehre der Kirche im Hinblick auf das Weiheamt oder die Sexualmoral einer grundlegenden Änderung bedarf. Nell legt in ihrem auf den maßgeblichen Lehramtlichen Verlautbarungen basierenden Schreiben detailliert die Argumentationsmängel der Stellungnahme des Diözesanrats offen. Bischof Dieser dankte ihr für die Intensität, mit der sie in das Thema einsteigt und bestärkte sie in ihrem Engagement. Der Aachener Oberhirte hofft, „dass die Polarisierungen aufgehoben werden können und der Geist Gottes uns zusammenführt“.

Dieser zeichnet sich angesichts der oft aufgeheizten Debatten als ein Mann moderater Rede, guter Liturge und inniger Beter aus. Er ist einer, der auf die Menschen zugeht, im Zweifelsfall, wie beispielsweise angesichts der Menschenkette der Vertreterinnen von „Maria 2.0“ um den Dom durchaus deutlich macht, dass er eine Zulassung von Frauen zum Weiheamt für ausgeschlossen hält, aber darum bemüht ist, mit allen Parteien in gutem Gesprächskontakt zu bleiben. Dazu dienen zahlreiche Treffen wie etwa der „Heute bei dir“ – Prozess. Zu ihm sind auch am heutigen Freitag wieder die Verantwortlichen im Prozess der Diözesanen Räte an einen Tisch eingeladen, um die jeweiligen Empfehlungen, Erwartungen und Meinungen auszutauschen. Zu „Heute bei Dir“ sind alle, ausdrücklich auch Kirchenferne eingeladen.

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Dieser hält Reformen der kirchlichen Praxis für notwendig

Der in zwei Schritten verlaufende Prozess folgt dem Motto „Wir wollen reden“ und „Wir wollen uns verändern“. Das klingt gut. Fragt sich nur, was da verändert werden soll. Liest man das Statement von Bischof Dieser nach einem als „sehr leidenschaftlich“ bezeichneten Gespräch mit dem Vorstand des Diözesanrats, gehören dazu auch die „Essentials“ unseres Glaubens. Der Bischöfe schreibt in seiner Stellungnahme wörtlich: „Es braucht in den vier Foren des Synodalen Weges dringend einer [sic] neuen gemeinsamen Vergewisserung darüber, worin das Katholische liegt und wie es wieder gemeinsam vertreten werden kann“. Dieser erklärt aber auch: „Dass es dabei zu Weiterentwicklungen der kirchlichen Lehre und zu Reformen der kirchlichen Praxis kommen muss, war gemeinsame Überzeugung.“

Das wirft Fragen auf. Zum Beispiel die, in welchen konkreten Punkten der Aachener Oberhirte eine Weiterentwicklung der kirchlichen Lehre für möglich hält und welche Pläne er für den Fall hat, dass die einander diametral entgegengesetzten Positionen der kirchlichen Lehre und der Forderungen des Diözesanrates sich nicht annähern. Die Antwort der Pressestelle des Bistums sagt einiges über die Unschärferelation aus, die derzeit immer dann herrscht, wenn man die entscheidenden Fragen auf den Punkt bringt: „Eine konkrete Antwort auf Ihre Einzelfragen können wir Ihnen momentan leider nicht geben.“

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