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Franziskus' letzter Streich

Der Tod des Papstes am Morgen des Ostermontags trifft den Vatikan völlig unvorbereitet. Sein Leichnam wird heute Abend in der Kapelle der Casa Santa Marta aufgebahrt.
Papst Franziskus auf dem Petersplatz
Foto: IMAGO/Evandro Inetti (www.imago-images.de) | Von Krankheit gezeichnet schonte sich Papst Franziskus bis zum Ende seines Lebens nicht.

Nun hat Franziskus der Römischen Kurie einen letzten Streich gespielt: „Pasquetta“, das „kleine Österchen“, ist in Italien ein Feiertag, an dem wirklich niemand arbeitet. Es sei denn, man leistet einen unverzichtbaren Dienst. Nachrichtensendungen sind auf ein Minimum reduziert, Zeitungen gibt es keine, die üblichen Morgenmagazine im Fernsehen fallen aus. Auch in der Kurie erholt man sich nach den liturgischen Feiern der Karwoche und zum Osterfest – zumal es in diesem Jahr mit dem Besuch des amerikanischen Vizepräsidenten J. D. Vance auch im Vatikan etwas hektisch zugegangen ist. Viele Kurialen werden den freien Tag für einen Ausflug ins Grüne genutzt haben. 

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Franziskus schonte sich bis zuletzt nicht

Vance war der letzte Politiker, der Franziskus gestern Vormittag in Santa Marta während der Ostermesse kurz begrüßen konnte. Zum Segen „Urbi et orbi“ war der Papst dann auf der Loggia des Petersdoms – und bei der anschließenden Fahrt im Papamobil über den Petersplatz konnte ihn eine große Menschenmenge zum letzten Mal sehen. An die 50.000 Pilger und Gläubige sollen sich in dem Kolonnadenrund und auf dem Platz davor befunden haben. Bis zuletzt hat sich der schwer kranke Papst nicht geschont. Den Rat der Ärzte, sich nach der Entlassung aus der Klinik zwei Monate zu schonen und auszuruhen, ist er nicht gefolgt. Er besuchte am Gründonnerstag Häftlinge im römischen Gefängnis „Regina coeli“, empfing nochmals das medizinische Personal der Gemelli-Klinik und war bereits am Palmsonntag auf dem Petersplatz erschienen.

Am frühen Morgen verbreitete der Vatikan ein fast unbearbeitetes Video, in dem zu sehen war, wie Kardinal Kevin Farrell, der Camerlengo im Vatikan, eingerahmt zwischen Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin und dem Substituten Edgar Peña Parra, die Nachricht vom Tod des Papstes verlas. Ansonsten scheinen sich vor allem die Mitarbeiter des Medien-Dikasteriums am heutigen Ostermonat einen freien Tag genommen zu haben. Fünf Stunden dauerte es, bis der Streaming-Dienst des Vatikans nicht mehr nur den Petersplatz zeigte, sondern irgendwer eine gewisse Bildregie übernahm. Glockengeläut, der übliche Zug der Gläubigen in den Petersdom. Auch das mittägliche „bolletino“ des vatikanischen Pressesaals ist ausgerechnet heute nicht erschienen. Der Tod des Papstes hat die Kurie auf dem falschen Fuß erwischt.

Im Vatikan setzt nun hektische Arbeit ein

Jetzt rächt es sich, dass der Vatikan in den letzten Wochen immer so getan hat, als sei Franziskus auf dem Weg der Besserung. Obwohl jeder sehen konnte, wie eingeschränkt sich Franziskus im Rollstuhl bewegte, wie er nur mit Mühe wenige Worte sagen konnte und er um ausreichend Atem rang. Der Jesuiten-Papst hat sich bis zuletzt verausgabt. 

Inzwischen hat der Vatikan offiziell bestätigt, dass er nach einem Schlaganfall mit sofortigem Herz-Kreislaufversagen gestorben sei. Am Montagabend wird sein Leichnam zunächst in der Kapelle der Casa Santa Marta aufgebahrt, später dann  im Petersdom im offenen Sarg. Noch prangt der österliche Blumenschmuck auf der Altarinsel vor dem Petersdom, die Plastikstühle stehen da, wo sie die Teilnehmer der Ostermesse gestern verlassen haben. Hinter den Mauern des Vatikans setzt nun hektisches Arbeiten ein – wenn die nötigen Mitarbeiter, die Kardinäle und Kurienprälaten denn wieder eingetroffen sind. Noch hat Rom nicht ganz begriffen, dass soeben eine Sedisvakanz begonnen hat. Und sich die Medien der Welt in den kommenden Tagen auf Rom konzentrieren werden.

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