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J.D. Vance: Warum ich Papst Leo XIV. nicht den Ring küsse

In einem Podcast-Gespräch mit „New York Times"-Kolumnist Ross Douthat sprach der katholische US-Vizepräsident unter anderem über das Verhältnis von Glauben und US-Politik.
J.D. Vance im Gespräch mit „New York Times"-Kolumnist Ross Douthat
Foto: Screenshot New York Times | Der US-Vizepräsident J.D. Vance, ein Konvertit zum Katholizismus, erläuterte im Gespräch mit Ross Douthat, wie seine religiösen Überzeugungen seine politischen Ansichten prägen.

Es sind interessante Zeiten, in denen die Welt sich gegenwärtig befindet - und so lautet auch der Name des Podcasts, den „New York Times"-Kolumnist Ross Douthat moderiert: „Interesting Times“. In dessen Ausgabe vom 21. Mai sprach Douthat mit US-Vizepräsident J.D. Vance über zentrale politische Themen, darunter dessen katholische Glaubensüberzeugung, die Einwanderungspolitik der Trump-Regierung, die Rolle der Justiz und die Auswirkungen von Künstlicher Intelligenz (KI) auf die Gesellschaft. 

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Das Protokoll gestattet keine Ringküsse

Vance, ein Konvertit zum Katholizismus, erläuterte, wie seine religiösen Überzeugungen seine politischen Ansichten prägen. Er betonte, dass die katholische Soziallehre seine Haltung zu Themen wie dem Schutz ungeborenen Lebens beeinflusse: „Ich bin katholisch. Ich glaube, das Leben beginnt mit der Empfängnis – und das beeinflusst meine politischen Entscheidungen." Aber - so betone er weiter:  „Ich bin nicht in der Regierung, um dem Papst zu dienen, sondern um dem amerikanischen Volk zu dienen.“ Zudem vertrete er ein Land, das Kirche und Staat trennt: „Meine persönliche Frömmigkeit ist das eine – mein offizielles Auftreten das andere.“

Zugleich erläuterte Vance, warum er trotz seiner Zugehörigkeit zur katholischen Kirche bei seinen jüngsten Besuchen im Vatikan weder dem verstorbenen Papst Franziskus noch dem neu gewählten Papst Leo XIV. den Ring küsste: „Ich bin Vizepräsident der Vereinigten Staaten. In dieser Funktion ist es aus protokollarischer Sicht nicht üblich, den Ring des Papstes zu küssen – es wäre sogar unangemessen, das zu tun.“ Er vermeide hierdurch eine symbolische Unterordnung gegenüber einer religiösen Autorität, um die staatliche Neutralität und Souveränität der USA zu wahren. Zudem sei der Papst nicht nur religiöses Oberhaupt, sondern auch Staatschef - in diesem Fall sei einander die Hand zu geben ebenfalls die protokollarisch einzig richtige Form.

Künstliche Intelligenz, Einwanderung und Justiz

Im Gespräch mit Ross Douthat, der selbst praktizierender Katholik ist, verriet Vance außerdem, dass er mit Papst Leo XIV. unter anderem über die Auswirkungen von Künstlicher Intelligenz auf zwischenmenschliche Beziehungen, insbesondere im Kontext des Online-Datings, diskutiert habe. So äußerte Vance gegenüber dem Heiligen Vater Bedenken, dass Dating-Apps und Chatbots echte menschliche Verbindungen reduzieren könnten, was zu weniger Beziehungen und Familien führe - der Papst wiederum  betonte laut Vance die Notwendigkeit eines verantwortungsvollen Umgangs mit KI zum Wohle der gesamten Menschheit und forderte eine empathische und nicht-aggressive Kommunikation: „Der Papst sprach über Technologie als Werkzeug. Er meinte, sie müsse dem Gemeinwohl dienen und dürfe die Empathie nicht zerstören. Das hat mich sehr bewegt.“

Zudem kritisierte der US-Vizepräsident die Rolle der Gerichte bei der Einschränkung exekutiver Befugnisse, insbesondere im Zusammenhang mit der Einwanderungspolitik der Trump-Administration. Er bezeichnete die Ansicht von Chief Justice John Roberts, dass die Justiz eine Schlüsselrolle bei der Kontrolle der Exekutive spiele, als „grundlegend falsch“. Vance argumentierte, dass gerichtliche Eingriffe den Willen des amerikanischen Volkes untergraben und die Effektivität der Präsidentschaft beeinträchtigen.  DT/sta

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