Missbrauch in der Kirche

Synodaler Weg will Frauen besser vor Missbrauch schützen

Große Einigkeit: Die Synodalversammlung stimmt ohne Gegenstimme dafür, auch Erwachsene besser vor Missbrauch zu schützen.
Fünfte Synodalversammlung in Frankfurt am Main
Foto: Arne Dedert (dpa) | Seltene Einigkeit: Der Handlungstext erreichte eine 100-prozentige Zustimmung.

Auch erwachsene Menschen, insbesondere Frauen, sollen in der Kirche künftig besser vor sexuellem und geistlichem Missbrauch geschützt werden. Der Synodale Weg hat den entsprechenden Handlungstext mit dem Titel „Maßnahmen gegen Missbrauch an Frauen in der Kirche“ am Freitag in erster Lesung einstimmig angenommen. Insgesamt 192 Synodale (100 Prozent) stimmten für das Papier, keine dagegen; sechs Mitglieder enthielten sich. Das Abstimmungverhalten der Bischöfe wurde nicht gesondert ausgewiesen.

Zuvor war unter anderem ein Antrag, im Titel des Handlungstextes „Frauen“ gegen „Erwachsene“ zu ersetzen, um auch non-binäre Personen zu berücksichtigen, mit großer Mehrheit abgelehnt worden. Auch hinsichtlich aller anderen Änderungsanträge folgte die Versammlung der Änderungskommission. Schon in der Generaldebatte hatten sich alle Redner unter Verweis auf die Wichtigkeit des Textes für eine Annahme des Handlungstextes ausgsprochen. Bereits nach drei Redebeiträgen der Bischöfe Genn, Gerber, und Ackermann erfolgte aus dem Plenum ein Geschäftsordnungsantrag auf Schließung der Rednerliste. Wörtlich sagte der Antragssteller: "Ich glaube, alle wichtigen Diskurse sind gelaufen, ich glaube der Text wird sich einer hochgradigen Zustimmung erfreuen; mehr Gelaber braucht’s nicht“. Der BDKJ-Vorsitzende Gregor Podschun kritisierte anschließend, dass der Text einen erneuten Einsatz von Missbrauchstätern nicht komplett ausschließe. Auch er sprach sich dennoch für eine Annahme aus.

Handlungstext: Geistlicher und sexueller Missbrauch gehen Hand in Hand

Der Handlungstext definiert zehn Forderungen, die zur Verhinderung von Missbrauch beschlossen werden sollen. So sollen beispielsweise Rechtsordnungen beschlossen werden, die klarstellen, „dass jede sexuelle Handlung von Seelsorger*innen mit den begleiteten Personen als sexueller Missbrauch bzw. PSM (professional sexual misconduct) zu behandeln ist. Da die Seelsorgebeziehung generell eine Beziehung mit einem eindeutigen Machtgefälle ist, trägt die*der Seelsorger*in in jedem Fall die Verantwortung für eine Grenzüberschreitung“. Weiters werden Schutzkonzepte für Erwachsene in Seelsorgebeziehungen, einheitliche Verfahrensreglen im Fall von sexuellem Missbrauch, die Regelung finanzieller Maßnahmen, der Ausbau von Anlaufstellen und umfangreiche Schulungsprogramme gefordert.

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Begründet werden die Forderungen mit dem als bisher unzureichend wahrgenommenen Schutz Erwachsener vor sexuellem und geistlichem Missbrauch, der im kirchlichen Kontext, insbesondere in der Seelsorge, häufig „Hand in Hand“ gehe. Wörtlich heißt es in dem Handlungstext: Wenn Kleriker oder nicht-ordinierte Seelsorger*innen Missbrauch begehen – von der Anbahnung, den sog. Grooming-Strategien, bis hin zu den konkreten Taten – geschieht dies überwiegend im Kontext von Seelsorge, besonders im Rahmen von Sakramentenpastoral oder Geistlicher Begleitung“. Durch das Straf- und Kirchenrecht sei diese Gefahr nicht hinreichend abgedeckt, da die maßgebliche Kategorie der Schutz- und Hilfebedürftigkeit im seelsorglichen Kontext zu „eng definiert“ sei.

Da jeder Handlungstext in mindestens zwei Lesungen bestätigt werden muss, soll der Text nach dem vorläufigen Ende des Synodalen Weges zur weiteren Bearbeitung in den noch einzurichtenden Synodalen Ausschuss, beziehungsweise den geplanten Synodalen Rat überweisen werden. (DT/jra)

 

Lesen Sie in der kommenden Ausgabe der Tagespost umfassende Berichte, Hintergründe und Meinungen zur fünften Vollversammlung des Synodalen Weges in Frankfurt.

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