Der Passauer Bischof Stefan Oster hat sich in einem Interview mit dieser Zeitung zu aktuellen gesellschaftlichen und ethischen Fragen geäußert. Er betont, dass sich grundlegende Positionen zum Lebensschutz „auch rational begründen lassen, ohne dafür einen religiösen Glauben in Anspruch nehmen zu müssen“.
Für Christen sei jedoch die Gottebenbildlichkeit des Menschen entscheidend. Aus diesem Standpunkt heraus seien sie „besonders verpflichtet, menschliches Leben zu schützen, von der Empfängnis bis zum letzten Atemzug.“
Debatte über Geschlecht und Identität kam mit Wucht
Zur zunehmenden gesellschaftlichen Debatte über Geschlecht und Identität sagt Oster, es habe ihn zunächst überrascht, „dass auf einmal das Thema Transidentität mit großer medialer und akademischer Wucht“ in den Mittelpunkt gerückt sei.
Die rasche Verbreitung über soziale Medien habe dazu geführt, dass besonders junge Menschen betroffen seien. „Viele sagen, es sei ein Ansteckungsphänomen“, so der Bischof. Dabei dürfe man nicht vergessen, dass es auch „das reale Phänomen der Geschlechtsdysphorie“ gebe, das großes Leid verursachen könne. In einem solchen Fall brauche es Hilfestellung und Begleitung.
Die technologische Entwicklung sieht Oster als eine der Ursachen für veränderte Weltbilder. „Die technologische Revolution führt dazu, dass wir uns immer mehr in einem virtuellen Raum aufhalten, in dem ganz viel möglich ist und viele Bedürfnisse schnell und unmittelbar gestillt werden können.“ Dies könne dazu führen, dass der Leib zunehmend entwertet und als stets verfügbarer sowie manipulierbarer Gegenstand betrachtet werde. Demgegenüber betonten Christen „die ungeheure Würde auch des Leibes“, da gemäß dem Evangelium nach Johannes Gott ebenfalls Fleisch geworden ist.
Mensch zum erkennen von Wahrheit geschaffen
Um Menschen davon zu überzeugen, dass die Schöpfung gut ist, argumentiert Oster, dass „aus der Welt heraus Wahrheit“ erkennbar sei. Der Mensch sei dafür geschaffen, „Wahrheit zu erkennen und zu sagen“. Umgekehrt sei „die Lüge zu sagen oder zu leben“ ein Hindernis für die zwischenmenschliche Verständigung. Die Wahrheit ist laut dem Bischof „nicht eliminierbar“ ohne das Miteinander zu gefährden. DT/jna
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