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Abtei Marienstatt: Eine geistliche Oase im Westerwald

Die Abteikirche Marienstatt ist aufwändig saniert worden – Pfarrei, Wallfahrt und Schulbetrieb prägen die Zisterzienserabtei
Juwel bei Hachenburg: Zisterzienserabtei Marienstatt
Foto: IN | Ein Juwel bei Hachenburg: In der Zisterzienserabtei Marienstatt finden Besucher feierliche Liturgie und eine hochverehrte Pieta.

Wer stille Wanderungen unter üppigen Blätterdächern an glasklaren Bächen entlang schätzt, kommt in den Wäldern um Hachenburg auf seine Kosten. Das ruhige Nistertal gehört zu den landschaftlich reizvollsten Gegenden des Westerwalds. Schon 1212 gründeten Zisterzienser hier eine Niederlassung. Als Tochterkloster von Heisterbach im Siebengebirge steht die Abtei Marienstatt über Himmerod in der Eifel und Clairvaux in der direkten Nachfolge des Gründungsklosters Cîteaux.

Verehrung der Schmerzhaften Muttergottes

Gnadenbild der Schmerzhaften Muttergottes
Foto: Wolfgang Radtke (KNA) | Zum großen Wallfahrtstag kommen jedes Jahr Tausende Pilger am Donnerstag nach Fronleichnam in die Zisterzienserabtei Marienstatt in Streithausen. Gläubige stehen am 13.

Den Ruf als geistliches Zentrum im Westerwald verdankt Marienstatt neben der Abtei auch der Verehrung der Schmerzhaften Muttergottes, seiner geographisch ungewöhnlichen Lage im Bistum Limburg an den Grenzen zu den Diözesen Paderborn, Trier und Köln sowie dem Ordensgymnasium. 860 Jungen und Mädchen aus dem Umkreis besuchen es. Marienstatt ist vernetzt mit anderen Schulen auf der ganzen Welt, die von Benediktinern oder Zisterziensern geleitet werden.

Mit der Öffnung der Abteikirche auch für Laien entstand vor gut 550 Jahren eine rege Wallfahrtsbewegung, die die Wirren der Zeit bis heute überdauert hat. Ein päpstlicher Erlass gestattete es den Zisterziensern, am Oktavtag von Fronleichnam die Kirche öffnen. Der Donnerstag nach Fronleichnam ist auch heute der größte Wallfahrtstag in Marienstatt, an dem sich auf dem Abteihof bis zu 6 000 Fußpilger versammeln. Täglich suchen einzelne Pilger und Pilgergruppen, Gäste und Besucher das Kloster mit dem Gnadenbild von Marienstatt auf. Vor der Schmerzhaften Muttergottes, einem Ort des Gebets und der Stille, tragen sie in Verbundenheit mit den Mönchen ihre Anliegen und Sorgen, aber auch ihren Dank für erfahrene Hilfe vor Gott. Außerdem können die Pilger auf zwei verschiedenen Kreuzwegen das Erlösungswerk Gottes betrachtend und betend nachempfinden.

Abteikirche Marienstatt: Bedeutender gotischer Sakralbau

Die Abteikirche Marienstatt gehört zu den bedeutendsten gotischen Sakralbauten des Bistums Limburg. Seit dem Zweiten Weltkrieg ist sie im Besitz von Rheinland-Pfalz. Ein Besuch lohnt sich in diesen Tagen besonders. Das Gotteshaus ist umfassend saniert worden. Die Arbeiten bedeuteten für den Konvent eine Unterbrechung seiner jahrhundertelangen liturgischen Tradition: Sieben Jahre lang verzichteten die Mönche auf das Gebet im Chorgestühl. Ein lohnendes Opfer: Einzelheiten der Baugeschichte, insbesondere im Chorraum können dank der Bauarbeiten präziser zugeordnet werden. Kunsthistoriker messen vor allem der Erforschung der mittelalterlichen Farbgebung hohe Bedeutung zu. Ihre Ergebnisse wurden bei der Restaurierung berücksichtigt. Der in zarten Farben leuchtende Hochchor der Abteikirche bildet einen wirkungsvollen Kontrast zu den schlichten modernen Fenstern von Wilhelm Buschulte.

Nach alter Tradition kann die Konventmesse nun wieder am Hochaltar zelebriert werden. Die Abteikirche hat auch einen Volksaltar für Gemeindemessen, da Marienstatt seit 1831 auch Pfarrei des Bistums Limburg ist. An dem schalkhaften Kommentar eines Besuchers, so schön wie jetzt sei die Kirche noch nie gewesen, dürfte ein Körnchen Wahrheit sein, denn nach Abschluss der zweihundert Jahre dauernden Bauarbeiten waren Teile der Kirche vermutlich wieder restaurierungsbedürftig.

Den lateinischen Choral stets beibehalten

Besonders stolz ist man in Marienstatt auf das Ursularetabel im Chorraum, eine kostbare Holzarbeit aus Köln, die um 1360 entstanden ist und im Juni 2008 wieder aufgestellt wird. „In der Liturgie haben wir dann einen wunderbaren Gegenchor zu unserem Konvent“, erklärt Abt Andreas Range. Auch die barocken Beichtstühle wurden restauriert und sollen wieder gebraucht werden. „Niemals hätte man gedacht, dass sich diese auf dem Speicher verstaubenden Stücke so wunderbar herrichten lassen“, schmunzelt der Abt und erinnert daran, dass die vom Land Rheinland-Pfalz weitgehend finanzierte Restaurierung der Abteikirche eine gute Folge der Säkularisierung war. Der 21 Mitglieder zählende Konvent hätte den Aufwand aus eigener Kraft kaum stemmen können.

Dafür pflegen die Mönche mit Liebe und Hingabe die Liturgie. Auch nach der Liturgiereform hat der Konvent den lateinischen Choral beibehalten. „Wir haben immer gespürt, dass der Choral für uns, die wir jeden Tag stundenlang beten, so sakral ist, dass wir nicht darauf verzichten möchten“, hält Abt Andreas fest. Mittlerweile sei die Resonanz auf die Liturgiesprache Latein weitaus positiver als noch vor zehn oder zwanzig Jahren. Dass die Nachfrage nach Lateinunterricht wächst, wird in Marienstatt ebenso begrüßt wie das Motu proprio „Summorum Pontificum“ zur alten Messe. Die Liebe zur Liturgie und die Ehrfurcht vor der Tradition sind aus Marienstatt nicht wegzudenken.

Ausbildung der Novizen

Ein besonderes Auge hat der Konvent auch auf die Ausbildung der Novizen. Eine längere Vorbereitungszeit einzuplanen erscheint den Verantwortlichen schon deswegen sinnvoll, weil sich Kloster und Welt mittlerweile so entfremdet haben, dass erst einmal Brücken gebaut werden müssen. Abt Andreas sieht seine Hirtenaufgabe darin, dass Kandidaten, die nach dem Noviziat den monastischen Weg fortsetzen möchten, bleiben und die Ausbildung so eingerichtet wird, dass sich Mönch und Konvent nicht auseinanderleben. „Der erste Gesichtspunkt“, so Abt Andreas, „ist das Mönchtum. Die Kandidaten müssen hier in Marienstatt Wurzeln schlagen“.

Der Anspruch der Benediktsregel, Gebet und Arbeit in den Tagesrhythmus zu integrieren, widerspricht letztlich der rein weltlichen Forderung nach maximaler Flexibilität. Das Stundengebet teilt den Tag ein und sorgt schon durch das tägliche frühe Aufstehen dafür, dass das Kloster auf den ersten Blick als eine völlig andere Welt erscheint. Von der jedoch, wie die Abtei zeigt, nicht nur Christen profitieren. Sogar Muslime können im Marienstätter Gymnasium in den Genuss eines katholischen Religionsunterrichts kommen, der den Namen verdient – Lektüre päpstlicher Enzykliken inklusive.

Schule und Kloster sind ein missionarisches Team

Und kirchliche Großereignisse verfolgen Konvent und Schüler gleichermaßen: Als Kardinal Ratzinger im April 2005 das Requiem für Johannes Paul II. feierte, sahen dreihundert Schüler die Feierlichkeiten auf einer Leinwand in der Basilika – und waren mucksmäuschenstill. Wenige Wochen später erlebte die Abtei eine eindrucksvolle Gebetsnacht mit vielen jungen Betern und dem Weltjugendtagskreuz. Und zeigte, welch erfolgreiches missionarisches Team Kloster und Schule auch zu Beginn des 21. Jahrhunderts sein können.

 

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