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Ein Rundgang durch die Kathedrale von Mdina in Malta

Erbaut von einem großen Barock-Architekten, reich an Kunstschätzen, sichtbar von vielen Orten Maltas aus: Ein Rundgang durch die Kathedrale von Mdina.
Historic town of Mdina, Malta / Gozo
Foto: fotolia.de | Der Tradition nach wurde die Kathedrale an der Stelle erbaut, an der die Villa des römischen Gouverneurs Publius stand.

„City of silence“, „Stadt der Stille“ wird Mdina auch genannt. Die ehemalige Hauptstadt Maltas, deren Namen man „Mm-dii-na“ ausspricht, lässt sich leicht finden: Sie liegt unmittelbar neben Rabat im westlichen Zentrum Maltas, weithin sichtbar auf einem Felsplateau.

Ausflugsziel ist die Kathedrale. Erreicht man die mitten in der Stadt gelegene Piazza, bietet sich der Anblick eines harmonisch gestalteten Bauwerks. Das Hauptschiff tritt etwas hervor, wodurch die Fassade ansprechender wirkt. Die Kuppel setzt dem schönen Anblick die Krone auf und ist von vielen Orten Maltas aus zu sehen. Der Tradition nach wurde die Kirche an der Stelle erbaut, an der die Villa des römischen Gouverneurs Publius stand. Paulus heilte seinen Vater; der dankbare Publius bekehrte sich zum Christentum.

Die Bekehrung des Paulus

Aus Lautsprechern dringt beruhigende Chormusik, als der Besucher die Kathedrale St. Paul betritt. Erbaut wurde sie von einem großen Barock-Architekten, Lorenzo Gafa (1639-1702). Auf einer bekannten Büste, die möglicherweise von seinem Bruder stammt, zeigt er ein markantes Gesicht, einen durchdringenden Blick und lange, gelockte Haare. Ein aufmerksamer Herr verkauft Eintrittskarten und gibt eine Erklärung mit auf den Weg:„Diese Metropolitankathedrale ist der Bekehrung des heiligen Paulus geweiht. Der 25. Januar ist sein Gedenktag. Das gleichnamige Gemälde finden Sie in dieser Richtung.“

Durch das Erdbeben von 1693 wurde die alte Kathedrale schwer beschädigt, die neue Kirche 1702 vollendet. Lorenzo Gafa überlebte diesen Tag nur um einige Monate.

Der Sensenmann am Grab des Bischofs

Auffallend sind gleich zu Beginn eines Rundgangs die eingelegten, mehrfarbigen Marmorplatten, unter denen sich auch Gräber befinden, beispielsweise das Grab von Bischof Labini. Die Grabplatte ist aus Farben zusammengesetzt, die von Orange, Braun und Grün bis Grau und Schwarz reichen. Das Wappen des Bischofs ist ebenso wiedergegeben wie sein Bischofsstab. Doch eine Knochengestalt mit Sense erregt Schauder. Sie hält ein Schriftstück in der Hand, das den Tod des Bischofs verzeichnet. Seltsamerweise ist der den Tod repräsentierende Knochenmann mit Flügeln versehen. Womöglich soll damit angedeutet werden, dass der physische Tod nicht das Ende, sondern Durchgangsstation für das ewige Leben ist.

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In einer Kathedrale wirft man immer auch einen Blick zur Decke. Sie ist mit Gemälden der Brüder Manno aus Sizilien ausgeschmückt, die Szenen aus dem Leben des Apostels Paulus darstellen. Ein Buntglasfenster erinnert an die Heilung eines römischen Centurions durch Petrus. Der Centurio, im dunkelblauen Mantel, sitzt ermattet da und streckt, Hilfe suchend, seine Hand aus. Petrus streckt seine Hände aus, doch berührt er ihn kaum. Er wirkt nüchtern und verhalten in seiner Gestik und wendet sich dem Kranken auf Augenhöhe zu. Das grüne Kleid und der rote Umhang Petri harmonieren wunderbar mit den Farben des die ganze Szene umschließenden Buntglases. Dekorative Elemente werden überdies am unteren Ende des Mantels Petri wieder aufgenommen.

Auf der anderen Seite der Haupteingangstür findet sich eine Statue des ersten maltesischen Bischofs, St. Publius. Geschaffen wurde sie von Giuseppe Valenti aus Palermo, von dem auch die Statuen der Evangelisten Lukas und Johannes am Hauptaltar stammen. Der Bischof sitzt in vollem Ornat und erhebt die rechte Hand segnend. Bemerkenswert, wie die Statue insgesamt, ist der nüchterne Gesichtsausdruck. Der Bischof – auf Maltesisch „San Publju“ – ist nicht nur der Patron der vor Valletta gelegenen Stadt Floriana, sondern einer der Patrone Maltas. Sein Fest wird am 8. Mai gefeiert.

Königin der Apostel

Schon über dem ersten Altar links zieht ein Gemälde des Italieners Francesco Grandi (1831-1891) die Aufmerksamkeit auf sich: „Die Herabkunft des Heiligen Geistes auf Maria und die Apostel.“ Während in vielen Gemälden zum gleichen Thema Maria und die Apostel in ruhiger Erwartungshaltung gezeigt werden, bietet sich hier ein ganz anderes Bild: Der Heilige Geist wirkt bereits licht- und machtvoll. Maria steht auf einer Treppenstufe, zwar nicht im Mittelpunkt des Bildes, aber des Geschehens. Auch ihr blauer Mantel ist bewegt und von der Dynamik der Geistausgießung erfasst. Rechts von ihr liegt ein roter Mantel am Boden, darauf eine Amphore. Die bisherige Ordnung der Dinge ist verändert. Dass der Heilige Geist auf jeden einzelnen herabkam, ist dezent wiedergegeben. Und doch fühlt sich der Betrachter in die Bewegung des Geschehens hineingezogen. Ein Apostel neigt sein Haupt, andere sinken in die Knie, breiten die Hände aus, schauen erwartungsvoll ergriffen in die Höhe. Durch den Kunstgriff der Treppe überragt Maria die meisten schon optisch und verkörpert so einen ihrer Titel: Königin der Apostel.

Das zweite Altargemälde, „Maria Melitae Patrona“, ist ein anrührendes Werk des italienischen Malers Pietro Gagliardi (1809-1890). Die Patronin Maltas, von Engeln umgeben, schützt die Insel, die unter ihren Füßen am unteren Ende des Bildes durch Valletta repräsentiert wird. Das Gemälde kann als Gegenstück zu einem Kunstwerk von Mattia Preti betrachtet werden, in dem Jesus dem Apostel Paulus die Insel Malta anvertraut. Die Kapelle zur linken Hand ist der „Verkündigung“ geweiht. Ein Gemälde von Domenico Bruschi aus Perugia (1840-1910) stellt Maria dar, die in Gegenwart des Engels ihr Haupt senkt. Überraschenderweise erscheint es recht dunkel. Durch ihren Heiligenschein wird die Wirkung noch verstärkt. Wollte der Maler dadurch ausdrücken, dass das Mysterium Menschwerdung nie ganz fassbar, ein Stückweit in Dunkel gehüllt ist?

Apostel im Kampf

Auf der rechten Seite zieht ein weiteres Gemälde von Mattia Preti und seiner Werkstatt Blicke auf sich: „Paulus schlägt die Mauren in die Flucht.“ Nach einer beliebten Legende erschien der Apostel, auf einem weißen Pferd reitend, während eines Überfalls nordafrikanischer Korsaren auf Mdina (1429), über der Festung. Preti erweist sich als Meister dramatischer Inszenierung. Paulus sprengt auf dem Pferd in die Kampfszene hinein und schwingt entschlossen sein Schwert. Auch vor gewagter Farbgebung schreckte der Maler nicht zurück: Der Apostel trägt ein tiefblaues, von Sternen überzogenes Gewand, das von einem rosafarbenen Übergewand umweht wird. Mähne und Schweif des Pferdes vollziehen die Dynamik der dramatischen Begegnung mit. Den Korsaren bleibt nur die Flucht nach vorn.

Die anrührende Marien-Ikone über dem Tabernakel soll der Evangelist Lukas gemalt haben. Lukas begleitete Paulus und blieb, wie dieser, drei Monate auf der Insel Malta. Dies steht für einen Aufseher in der Kathedrale, auf Nachfrage, so fest wie das Felsplateau von Mdina! Wer auch immer sie gemalt hat, vom maltesischen Volk wird sie verehrt.

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