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Wieler geht

Lothar Wieler zieht sich von der Spitze des Robert-Koch-Instituts zurück. Ob das Institut unter ihm seine Aufgabe erfüllt hat, werden Historiker beantworten müssen.
Nun dürfte es erstmal ruhig um Lothar Wieler werden.
Foto: IMAGO/Christian Marquardt (www.imago-images.de) | Nun dürfte es erstmal ruhig um Wieler werden. Sollten sich jedoch die Anzeichen mehren, dass die Corona-Schutzmaßnahmen mehr Schaden als Nutzen gebracht haben, dürfte Wieler schnell wieder im Rampenlicht stehen.

Der Präsident des Robert-Koch-Instituts (RKI), Lothar Heinz Wieler, tritt ab. Zum 1. April wird der dann 62-jährige Tiermediziner seinen Chefsessel bei der Bundesbehörde räumen. Als Grund für seinen Rückzug gab Wieler in einer vom RKI und dessen Dienstherrn, dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG), herausgegebenen Mitteilung an, sich "neuen Aufgaben in Forschung und Lehre" widmen zu wollen. 

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Das kann man verstehen. Wer will schon eine berufliche Karriere als Oberster Corona-Manager beschließen? Vielleicht aber will der scheidende RKI-Chef auch nur den Umbau seiner Behörde nicht mit ansehen müssen, den die Ampelregierung im Zuge der geplanten Neustrukturierung der Öffentlichen Gesundheit anstrebt. Dass Lothar Heinz Wieler nun zum Abschied fordert, die "Unabhängigkeit der Forschung" müsse "auch zukünftig akzeptiert werden", "damit das RKI seine Aufgaben erfüllen kann", klingt jedenfalls nicht sonderlich verheißungsvoll.

Er zählte zu den kompromisslosesten Corona-Jägern

Ob das RKI unter Wieler, der die Behörde sieben Jahre lang leitete, seine Aufgabe erfüllt hat, ist eine Frage, die zu beantworten Historikern vorbehalten bleibt. Denn ohne Einsicht in Akten, aus denen hervorgeht, was Wieler wann wusste und welche Schlüsse er daraus zog, wird das vor allem für die letzten drei Jahre kaum gehen. Feststehen dürfte indes schon heute, dass der RKI-Chef zu den kompromisslostesten Corona-Jägern zählte, übertroffen nur noch von seinem letzten Dienstherrn, Karl Lauterbach. Dass es zwischen ihm und Wieler zuletzt kräftig im Gebälk knirschte, ist kein Geheimnis und war für jeden ersichtlich, der ihre gemeinsamen Auftritte vor der Bundespressekonferenz verfolgte. Insofern braucht das gegenseitige Schulterklopfen zur Ankündigung von Wielers Abschied auch nicht allzu ernst genommen werden.

Nun dürfte es erstmal ruhig um Wieler werden. Sollten sich jedoch die Anzeichen mehren, dass die Corona-Schutzmaßnahmen mehr Schaden als Nutzen gebracht haben, dürfte Wieler schnell wieder im Rampenlicht stehen. Dann jedoch ohne einen Apparat, der ihn schützt und ihm zuarbeitet.

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Stefan Rehder Karl Lauterbach

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