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Spanien: Pedro Sánchez bleibt Regierungspräsident

Nach fünf Tagen der „Besinnung“ gab Sánchez bekannt, dass er im Amt bleiben möchte. Die Hintergründe zum überraschenden Manöver des Ministerpräsidenten.
Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez
Foto: IMAGO/NICOLAS MAETERLINCK (www.imago-images.de) | „Ich habe entschieden, mit noch mehr Kraft, wenn möglich, an der Spitze des Präsidentenamtes zu bleiben", erklärte der amtierende spanische Minister Pedro Sánchez.

Pedro Sánchez bleibt Regierungspräsident Spaniens. Um 11 Uhr am Montagvormittag erklärte er vor seinem Amtssitz „La Moncloa“, dass er trotz aller Angriffe gegen seine Familie weiterhin für die Demokratie eintreten wolle: „Ich habe entschieden, mit noch mehr Kraft, wenn möglich, an der Spitze des Präsidentenamtes zu bleiben.“

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Am vergangenen Mittwoch hatte Pedro Sánchez einen Offenen Brief „an die Bürger“ veröffentlicht, in dem er ankündigte, sich fünf Tage Zeit für „Besinnung“ zu nehmen, um darüber zu entscheiden, ob er im Amt bleiben wolle. Als Grund für diese Unterbrechung der Regierungsgeschäfte nannte er die „Kampagne“ gegen seine Frau Begoña Gómez, der Einflussnahme vorgeworfen wird. Hintergrund dieser Vorwürfe ist das Ermittlungsverfahren, das ein Madrider Gericht gegen die Ehefrau von Sánchez wegen Vorteilsnahme und Korruption im Geschäftsverkehr eröffnet hat. 

Anzeige durch die Vereinigung „Manos Limpias"

Die Ermittlungen wurden am 16. April von Richter Juan Carlos Peinado angeordnet, basierend auf einer Anzeige der Vereinigung namens „Manos Limpias“ („Saubere Hände“). Darin hieß es, dass die Beratungsfirma von Carlos Barrabés in den Jahren 2020 und 2021 Aufträge von einer vom Wirtschaftsministerium abhängigen öffentlichen Institution erhalten habe, nachdem sich Begoña Gómez laut dem Onlineportal „El Confidencial“ in einem Brief für das Unternehmen eingesetzt habe.

Die Frau des Regierungspräsidenten ist Mit-Direktorin eines Masterstudiengangs für „Wettbewerbsfähige Soziale Transformation“ an der Universität Complutense Madrid, der von Barrabés unterstützt wird. In der Anzeige heißt es, dass Gómez unter Ausnutzung ihres persönlichen Status (Ehefrau des spanischen Ministerpräsidenten) Unternehmern, die sich um öffentliche Ausschreibungen beworben haben, Empfehlungen gegeben oder sie durch Empfehlungsschreiben mit ihrer Unterschrift unterstützt habe. Der Ehefrau des Regierungspräsidenten wird auch ihre Beziehung zum Unternehmen „Globalia“ vorgeworfen, das das von Gómez geleitete „Afrika-Zentrum des Instituto de Empresa (IE)“ gesponsert und von der Regierung eine Bürgschaft für die Rettung ihrer Fluggesellschaft „Air Europa“ mit mehr als 600 Millionen an öffentlichen Geldern erhalten hatte.

Ob dies strafrechtlich relevant ist, muss von den Gerichten entschieden werden. Für Sánchez scheinen solche Ermittlungen jedoch Teil einer „Verleumdungskampagne“ zu sein, der das Ehepaar „seit zehn Jahren“ ausgesetzt sei. In einer schnellen Reaktion auf dem Sozialen Netzwerk „X“ schrieb Alejandro Fernández, PP-Kandidat für das Amt des Ministerpräsidenten von Katalonien: „Für Sánchez sind es nicht die Richter, die Puigdemont verurteilen oder seine Frau strafrechtlich verfolgen können: Das darf nur er selbst entscheiden.“

Was bezweckte Sánchez mit dem Schritt

Sánchez‘ Äußerungen überraschen umso mehr, als er selbst und Politiker seiner sozialistischen Partei PSOE sowie eine ganze Reihe regierungsaffiner Medien den Verlobten der Ministerpräsidentin des Landes Madrid, Isabel Díaz Ayuso, wegen angeblicher Steuerhinterziehung immer wieder angegriffen haben. Noch vor ein paar Wochen sprach Sánchez von „Korruption“ in diesem Zusammenhang, obwohl Ayusos Verlobter sowohl von der spanischen als auch von der europäischen Staatsanwaltschaft im Jahr 2022 entlastet wurde.

Warum hat sich Sánchez fünf Tage lang „besonnen“ und damit ein ganzes Land in Atem gehalten? In seiner heutigen Rede bedankte er sich „für die die Solidaritätsbekundungen der letzten Tage“. Dazu schreibt der renommierte Fernsehjournalist Vicente Vallés in der spanischen Zeitung „La Razón“: „In den letzten Tagen haben wir eine politische Episode erlebt, die bewusst den Personenkult fördern wollte, und zwar in Form von zahlreichen Vasallitätskundgebungen und Botschaften in sozialen Netzwerken.“

Jedenfalls hat die „Besinnungszeit“ von Pedro Sánchez dazu geführt, dass Spanien heute so uneins ist wie seit dem Beginn der spanischen Demokratie vor 46 Jahren nicht mehr. Es reicht, die regierungsaffinen und die (immer weniger werdenden) regierungskritischen Medien zu lesen, oder einen Blick auf das Soziale Netzwerk „X“ zu werfen: Hier bekämpfen zwei Lager – für und gegen Pedro Sánchez – unerbittlich einander. Sánchez sollte sich auch fragen, wie viel Anteil er selbst an der von ihm angeprangerten „Schlammschlacht“ hat, zu der die heutige spanische Politik geworden ist.

Was diese „Besinnungszeit“ für das internationale Image Spaniens bedeutet hat, fasst der Niederländer Rob Roos, Fraktionvize der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR), auf „X“ in die Worte: „Dieser Mann ist eine Witzfigur. Das schöne Spanien wird unter seiner Führung zu einem Zirkus.“

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