Der Genozid in Ruanda an den Tutsi wie an gemäßigten Hutu liegt nun drei Jahrzehnte zurück. „Tagespost“-Mitarbeiterin Veronika Wetzel hat im Land recherchiert, wie versöhnt die ruandische Gesellschaft heute ist. Ihr Fazit: „Es herrscht ein künstlicher Friede, der von oben wie ein Pflaster auf die Wunde des Genozids geklebt wurde. Die harte Hand, mit der Paul Kagame das Land regiert, unterdrückt schlicht alles, was dem von der Regierung gezeichneten Bild der Versöhnung widerspricht.“
Erstaunlich ist das nicht, denn der Genozid hat tiefe Wunden in die ruandische Gesellschaft gerissen. Innerhalb von rund hundert Tagen wurden 800.000 Menschen brutal ermordet. Es war das größte Massenmorden innerhalb so kurzer Zeit seit dem Abwurf der Atombomben auf Japan im Zweiten Weltkrieg. Unsere Korrespondentin ist überzeugt: „Wie weit die Heilung des ethnischen Denkens und der Verwundungen, die daraus entstanden sind, tatsächlich vorangeschritten ist, wird sich erst sagen lassen, wenn das Pflaster Paul Kagame, das die Gesellschaft zwanghaft zusammenhält, nicht mehr auf der Wunde klebt.“
Hoffnung liegt in der Jugend
Die einzige Hoffnung auf echte Heilung für das Land sei die Jugend, die sich mehr als Ruander und nicht mehr bloß als „Hutu“ oder „Tutsi“ sieht und sich nach mehr Wohlstand und einem besseren Leben sehnt. Doch erst die Zeit nach Kagame werde zeigen, ob die Wunde letztendlich verheilt oder wieder zu bluten beginnt. Beides scheint möglich – trotz aller berührenden Beispiele für echte und tiefe Versöhnung. DT/sba
Lesen Sie zwei berührende Reportagen über die Aufarbeitung des Genozids in Ruanda am Donnerstag in Ihrer „Tagespost“.