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Kommentar: Freiheit, die sie meinen

Zur Freiheit zählt auf den zweiten Blick auch die Gewährleistung der faktischen Ermöglichungsbedingungen des Freiheitsgebrauchs. Von Josef Bordat
Internationaler Tag der Pressefreiheit
Foto: Armin Weigel (dpa) | ARCHIV - Zettel mit der Aufschrift «Presse» sind am 11.05.2015 im Gerichtssaal des Landgerichts in Ingolstadt (Bayern) an Stühlen angebracht. Am 03. Mai ist der Internationale Tag der Pressefreiheit.

Peter Hahne hat nicht ganz Unrecht, wenn er meint, dass der Entzug der finanziellen Mittel für die evangelikale Medienplattform idea durch die Evangelische Kirche in Deutschland einem „Anschlag auf die Pressefreiheit“ gleichkommt – auch, wenn das eine gewürzte Wortwahl ist. Doch zur Freiheit zählt auf den zweiten Blick auch die Gewährleistung der faktischen Ermöglichungsbedingungen des Freiheitsgebrauchs. Reisefreiheit ist ohne Urlaubsanspruch wenig wert. Eine freie, geheime und gleiche Wahl, die hoch oben auf einem Berg stattfindet, ist eine undemokratische Farce. Und ein Presseorgan, dem man gezielt das Geld verweigert, das man diesem seit über drei Jahrzehnten gewährt, wird ebenfalls in seiner freien Entfaltung gehemmt. Das geschieht seitens der EKD offenbar ganz bewusst, denn die bibelfeste Ausrichtung des Portals ist vielen in den Landeskirchen ein Dorn im Auge. Die deutliche Positionierung gegen den Trend, wenn es um Themen wie die „Ehe für alle“ oder den Islam geht, sie stört die harmonische Beziehung zwischen Protestantismus und Zeitgeist.

Wenn es ein Totschlagargument für den Entzug von Freiheitsrechten gibt, dann das des Fundamentalismusvorwurfs. Keine Toleranz den Intoleranten, kein Geld den Bibeltreuen! In dieser Logik operieren die Synodalen und ziehen bei idea die aus ihrer Sicht unvermeidlichen Konsequenzen. Was ist das aber für eine Freiheit, die so wenig belastbar ist, dass sie angeblich durch alles gefährdet wird, was überhaupt noch ein Fundament hat? Freiheit wird hier mit Optionenvielfalt unter der Knute des Relativismus verwechselt – alles sei gleich, gleich gültig, gleichgültig. Doch muss die Freiheit, die wir nach unserem Grundgesetz meinen, nicht die Kontroverse aushalten, auch dann, wenn einige Meinungen die Mehrheit stören? Ist das nicht gerade das Wesen der Freiheit? Wenn der Diskurs immer öfter gesäubert wird, ehe er sich wirklich entfalten kann, werden wir am Ende sprachlos – und unfähig, die uns angebotenen Freiheitsrechte vernünftig zu gebrauchen. 

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