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Kommentar um "5 vor 12": Die Waffen gegen den Terror

Das Attentat von Nizza zeigt: Der Kampf gegen den radikalen Islam ist mit nationalen Alleingängen und verschärften Sicherheitsmaßnahmen nicht zu gewinnen.
Nach Messerattacke in Nizza
Foto: Daniel Cole (AP) | Frankreich hat nach dem Attentat in Nizza die höchste Terrorwarnstufe ausgerufen.

„Unsere Waffe ist das Gebet“, so der Erzbischof von Paris, Michel Aupetit, bei einem Requiem am Abend des barbarischen Mordes von Nizza. Im Netz kursiert ein Lied der libanesischen Opernsängerin Rima Tawil, die in Paris lebt. Sie singt zu „Ehren der Märtyrer von Nizza“ das Lied „Pietà Signore“ von Guiseppe Verdi.

Gefaltete Hände, erhobene Stimme – es sind ergreifende Szenen, mit denen die Christen in Frankreich auf den islamistischen Terrorakt in der Basilika von Nizza reagieren. Eine 60-jährige Frau und den beliebten Küster der Basilika hatte der Terrorist enthauptet, ein zweite Frau, 44 Jahre, Mutter aus Brasilien, so schwer verletzt, daß sie noch fliehen konnte aber in einer nahegelegenen Bar ihren Verwundungen erlag. Der Terrorist, ein 21-jähriger Tunesier, wurde von der Polizei gestellt und, als er Allahu-Akbar schreiend auf sie zustürzte, angeschossen. Er wird im Krankenhaus behandelt. Präsident Macron eilte Stunden später an den Tatort, beschwor die Einheit des Landes mit den katholischen Gläubigen und verkündete neue Sicherheitsmaßnahmen, inklusive die höchste Alarmstufe. 

Taten, nicht nur Worte, sind gefordert

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Hinter all diesen Reaktionen staut sich viel Wut an. Wahrscheinlich ist es Glück im Unglück, dass am Tag zuvor die neue Corona-Ausgangssperre verhängt wurde. So können die Sicherheitsbehörden jede Bewegung auf öffentlichen Plätzen und Straßen sowie in Gebäuden unterbinden. Dennoch bleibt die Wut und sie gibt der Opposition Recht, die nach der Rede Macrons Anfang Oktober und seinen Auftritten nach der Enthauptung des Geschichtslehrers Taten fordern und nicht nur Worte. Belebt werden wird die Debatte zusätzlich, weil der Mörder von Nizza zusammen mit anderen Flüchtlingen am 20. September über Lampedusa nach Europa kam. Er hat keinen Asylantrag gestellt, das heißt sein Ziel war Mord. Und dafür musste er möglichst unerkannt bleiben. In seinen Papieren fand man nur ein Dokument des italienischen Roten Kreuzes.

Natürlich kann man nicht verallgemeinern, aber man sieht: Die Mittelmeerroute wird auch von Terroristen benutzt. Mit anderen Worten: Der Kampf gegen den radikalen Islam ist mit nationalen Alleingängen und verschärften Sicherheitsmaßnahmen nicht zu gewinnen. Er muss auch die Wege in den Blick nehmen, über die Terroristen nach Europa gelangen, konkret: Er muss auch die Migrationspolitik konzeptuell überdenken. Genau das fordert die Opposition nahezu unisono in Frankreich. 

Terroristen waren den Behörden unbekannt

Das Beunruhigende an den Morden von Nizza und bei Paris ist: Die islamistischen Terroristen waren den Behörden unbekannt. Es sind junge Leute – 18 und 21 Jahre –, die von Radikalen weiter aufgehetzt wurden. Viele der Radikalen sind bekannt, auch die Moscheen und Vereine als die Brutstätten ihrer gewalttätigen Fantasien. Hier ist ein Ansatzpunkt für Aktionen und die Regierung Macron geht auch in diesem Sinn vor. Aber die Mühlen des Rechtsstaats mahlen langsam. Es gibt außer dem Gebet nur zwei Waffen für die Prävention gegen den Terror: Geheimdienste stärken (jeden Monat wird aufgrund geheimdienstlicher Erkenntnisse mindestens ein Anschlag verhindert) und Gesetze ändern. Beides ist nötig. Auf nationaler und europäischer Ebene.

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Jürgen Liminski

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