Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Bannmeilen um Abtreibungseinrichtungen

Kabinett beschließt Gesetzentwurf gegen angebliche „Gehsteigbelästigungen“

Lebensrechtlern drohen Bußgeldern von bis zu 5.000 Euro, wenn sie Mahn- und Gebetswachen vor Abtreibungspraxen halten.
Abtreibungsgegner demonstrieren im November 2020 in München
Foto: Sachelle Babbar via www.imago-images.de (www.imago-images.de) | Der neue Gesetzentwurf sieht vor, dass Schwangere nicht mehr gegen ihren Willen in einem Umkreis von 100 Metern angesprochen werden dürfen. Im Bild: Abtreibungsgegner demonstrieren im November 2020 in München.

Das Bundeskabinett hat heute in Berlin einen Entwurf eines „Zweiten Gesetzes zur Änderung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes“ verabschiedet. Ziel der Gesetzesnovelle aus dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSJ) ist es, die von Abtreibungsbefürwortern als „Gehsteigbelästigung“ skandalisierten Mahn- und Gebetswachen vor Abtreibungspraxen und staatlich anerkannten Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen als Ordnungswidrigkeiten definieren und mit Geldstrafen von bis zu 5.000 Euro ahnden zu können.

Fehlende Belege für Notwendigkeit des Gesetzes

Im ZDF-Morgenmagazin räumte Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Bündnis 90/Die Grünen) heute ein, dass es sich bei Mahn- und Gebetswachen um ein zahlenmäßig sehr überschaubares Phänomen handele. Nach ZDF-Informationen demonstrierten aktuell Lebensrechtsorganisationen wie „40 Days for Life“ in „fünf süddeutschen Städten sowie in Kiel“ etwa zwei Mal im Jahr vor solchen Einrichtungen. Allerdings hätten diese, so Paus, in den letzten Jahren zugenommen. Wie Paus erklärte, gehe es darum, „das Recht von Frauen auf Selbstbestimmung“ zu sichern, eine „gute Beratung zu bekommen und nicht mit Hass und Hetze konfrontiert zu werden“.

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Der Gesetzentwurf sieht vor, dass Schwangere nicht mehr gegen ihren Willen in einem Umkreis von 100 Metern angesprochen werden dürfen. Auch Plakate und Flyer „mit falschen Behauptungen“ sollen verboten werden. Erstaunlicherweise scheinen jedoch Fernsehbilder, die Frauen beim „Spießrutenlauf“ oder Hass und Hetze verbreitende Lebensrechtler zeigen, Mangelware zu sein. Sämtliche Aufnahmen zeigen lediglich meist nur eine Handvoll stumm oder leise Rosenkranz betender Menschen, die sich Schilder mit Aufschriften wie „Gebet für das Leben“, „Abtreibung ist keine Lösung“ oder „Unborn Lives Matter“ umgehängt haben.

Lebensrechtler sehen Grundrechte verletzt

Am Mittag veröffentlichte das BMFSJ eine Pressemitteilung. Darin erklärte Paus: „Diese Belästigungen sind nicht hinnehmbar. Um Schwangere, aber auch Ärztinnen und Ärzte und ihr Personal besser zu schützen, ist mein Haus schnell aktiv geworden.“ „In enger Abstimmung“ mit dem Bundesministerium für Justiz und dem Bundesinnenministerium habe man „intensiv geprüft, wie eine solche Regelung zu formulieren ist. Wir mussten das Spannungsverhältnis zwischen den Grundrechten ratsuchender Frauen einerseits und das Recht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit Dritter genau gegeneinander abwägen. Uns kam es darauf an, einen wirksamen Schutz vor Gehsteigbelästigungen zu gewährleisten, der verfassungskonform ausgestaltet ist. Ich bin überzeugt, diese Abwägung ist uns mit dem heute verabschiedeten Entwurf gelungen.“

Ob die Gerichte das genauso sehen werden, muss abgewartet werden. Nach Ansicht von Lebensrechtlern verstößt die vorgesehene Gesetzänderung „gegen die Menschenrechte auf Religions- und Versammlungsfreiheit sowie auf freie Meinungsäußerung“ und greife „auf unzulässige Weise in Grundrechte ein. Mehrere Gerichtsurteile, zuletzt auch das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig, haben festgestellt: Es gibt kein Recht darauf, nicht mit Ansichten konfrontiert zu werden, die einem nicht gefallen. Es gibt kein Recht darauf, bestimmte Informationen nicht zu bekommen“, erklärte bei der Vorstellung des Referentenentwurfs Anfang Dezember, die Bundesvorsitzende der „Aktion Lebensrecht für Alle“ (ALfA) e.V., Cornelia Kaminski.  DT/reh

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