Nein, er scherze nicht, betonte Donald Trump am Sonntag im Telefon-Interview mit dem US-Sender „NBC“. Eine dritte Amtszeit als US-Präsident schließe er nicht aus. „Viele Leute wollen, dass ich es mache“, wird Trump von „NCB“ zitiert, und es gebe auch entsprechende Methoden. Aber es sei „noch ein weiter Weg und sehr früh in dieser Amtszeit“.
Die Empörung über Trumps Kokettieren mit einer dritten Amtsperiode war in den etablierten Medien wieder einmal deutlich zu spüren, wie so oft, wenn der republikanische Präsident zumindest verbal die Grenzen des Möglichen austestet. Die Präsidentschaft des heute 78-Jährigen nehme immer mehr autokratische Züge an, so der Tenor. Doch auch wenn sich Trump – anders als bei vergangenen Gelegenheiten – diesmal mit größerer Ernsthaftigkeit über seine machtpolitischen Gedankenspielen ausließ: Etwas mehr Gelassenheit im Umgang damit wäre angebracht.
Kein Spielraum für Interpretation
Denn die amerikanische Verfassung lässt keinen Spielraum für Interpretation: Im 22. Verfassungszusatz heißt es: „Keine Person darf häufiger als zweimal ins Amt des Präsidenten gewählt werden.“ Der Zusatzartikel war im Jahr 1951 verabschiedet worden, übrigens noch unter dem Einfluss der langen Präsidentschaft Franklin D. Roosevelts (1933-1945). Der Demokrat, der die USA siegreich aus dem Zweiten Weltkrieg führte, trat im Januar 1945 sogar seine vierte Amtszeit an – allerdings starb er bereits wenige Monate später, am 12. April. Sein Vizepräsident Harry Truman übernahm die Amtsgeschäfte.
Roosevelts gefühlte Ewigkeit im Weißen Haus war eine Ausnahme, bedingt durch die Notlage, die der Krieg verursachte: Nie zuvor hatte ein US-Präsident mehr als zwei Amtsperioden im Oval Office verbracht. Gleichwohl führte sie den USA die überbordende Gestaltungsmacht vor Augen, über die ein derart lange regierender Präsident verfügte, und die so nicht im Sinne der Gründerväter gewesen sein dürfte. Der Wunsch, wieder regelmäßige politische Machtwechsel zu erleben, resultierte letztendlich im 22. Amendment.
Selbst Trump, der sich ja im Besitz eines umfassenden Mandates des Volkes sieht, dürfte es nicht gelingen, die Verfassung zu seinen Gunsten zu ändern. Anders wäre eine dritte Amtszeit aber kaum denkbar. Die Hürden sind schlicht und ergreifend zu hoch: Um eine entsprechende Änderung im Kongress durchzusetzen, bräuchte es die Unterstützung von zwei Dritteln der Senatoren und Abgeordneten – angesichts der seit Jahren herrschenden politischen Spaltung ein kaum vorstellbares Szenario. Die zweite Voraussetzung fegt eine Verfassungsänderung wohl endgültig vom Tisch: Nicht nur der Kongress, sondern auch drei Viertel aller Bundesstaaten müssen zustimmen – und damit bewegt man sich tatsächlich nur noch im Bereich der Theorie.
Trump als Vize unter Vance?
Doch in den Trump nahestehenden Kreisen kursiert noch eine andere Variante, um die MAGA-Galionsfigur für vier weitere Jahre ins Weiße Haus zu hieven: Der amtierende Vizepräsident J.D. Vance tritt 2028 als Präsidentschaftskandidat der Republikaner an, mit Donald Trump als möglichem Vizepräsidenten. Gewinnt Vance die Wahl, tritt er ab und übergibt die Amtsgeschäfte wieder an Trump. Jedoch sind sich Verfassungsrechtler weitgehend einig, dass dies nicht verfassungskonform wäre. Die Begründung findet sich im Zwölften Verfassungszusatz: Darin heißt es, wer nicht berechtigt ist, zum US-Präsidenten gewählt zu werden, kann auch nicht für das Amt des Vizepräsidenten kandidieren.
Es ist unklar, ob Trump und seine Getreuen darüber hinaus über einen bislang geheimen Plan verfügen, um Trump über den Januar 2029 hinaus im Amt zu belassen. Trump selbst gab im Interview mit „NBC“ selbst zu, dass man momentan keine konkrete Strategie entwickelt habe – auch wenn der ehemalige Chefstratege des Republikaners, Steve Bannon, in der Vergangenheit bereits das Gegenteil behauptet hatte.
Hat der gewiefte Stratege Bannon ein Hintertürchen entdeckt? Etwa die Betonung des Verfassungstextes darauf, dass ein Präsident lediglich kein drittes Mal gewählt werden darf? Mit anderen Mitteln als über eine demokratische Wahl also sehr wohl weiter regieren könnte? Wie man es dreht und wendet, alle Varianten, die eine dritte Amtszeit Trumps denkbar erscheinen lassen, hätten zur Voraussetzung, dass sich Trump über die geltenden verfassungsrechtlichen Regeln hinwegsetzt. Und die sind ja auch der Trump-Regierung heilig, wie sie stets betont.
Dass es indes nicht schwer ist, Einfluss im Weißen Haus auszuüben, ohne in ein Amt gewählt worden zu sein, zeigt derzeit Elon Musk. Der Tech-Milliardär prägt die Regierungspolitik in zahlreichen Belangen wie kaum ein Zweiter, ohne dass sein Name je auf einem Wahlzettel stand. Vielleicht regiert ab 2029 ein Präsidenten Vance, der Trump als außerhalb der Regierung angesiedelten Chef-Berater immer an seiner Seite hat. Nimmt man sein bisheriges Auftreten als Maßstab, dürfte Vance für derartige Seilschaften jedoch viel zu klug sein.
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