Zugegeben: Es ist nicht gerade wenig, was sich bei dem jährlich in Berlin stattfindenden „Marsch für das Leben“ wiederholt. Das beginnt schon beim Termin. Stets am dritten Samstag im September reisen Lebensrechtler aus ganz Deutschland in die Bundeshauptstadt, um im Herzen der Stadt für den Schutz des Lebens ungeborener Kinder sowie alter und kranker Menschen zu demonstrieren. Eine Kundgebung zu Beginn, ein Ökumenischer Gottesdienst zum Schluss, eine wissenschaftlich ausgerichtete Fachtagung tags zuvor, ein Jugendkongress, der das ganze Wochenende dauert – seit Jahren ist der Ablauf immer derselbe. Und doch ist der „Marsch“, wie er von Lebensrechtlern kurz auch genannt wird, nichts etwas Statistisches, sondern hoch Dynamisches.
Neues Selbstbewusstsein
Längst ist aus dem einstigen Schweigemarsch, bei dem schwarz gekleidete Lebensrechtler schweigend 1.000 weiße Kreuze durch die Straßen Berlins trugen, um an die ungeborenen Kinder zu erinnern, die werktäglich in Deutschland ihr Leben durch Abtreibung verlieren, ein Fest geworden, bei zunehmend junge Menschen das Leben als Geschenk feiern und ihre Solidarität mit ungewollt schwangeren Frauen sowie behinderten, alten und kranken Menschen öffentlich bekunden und bezeugen.
Wachsende Professionalisierung, spürbare Verjüngung und die in den vergangenen Jahren weiter steigenden Teilnehmerzahlen, die in der Pandemie natürlich eine Delle erlitten, haben den Lebensrechtlern ein neues Selbstbewusstsein beschert.
Öffnung für neue gesellschaftliche Gruppierungen
Anders als die Gegendemonstranten, deren Zahl erneut deutlich sank, präsentierten sich die Lebensrechtler in diesem Jahr so offen und weltzugewandt wie nie zuvor. Obgleich die Wurzeln der Bewegung im christlich-konservativen Spektrum liegen, wurde in Berlin auf offener Bühne kräftig für deren aktive Öffnung auch für nicht-religiöse, feministische und andere gesellschaftliche Gruppierungen geworben. Die Befürworter vorgeburtlicher Kindstötungen und Euthanasie müssen sich warm anziehen. Die Lebensrechtsbewegung in Deutschland befindet sich im Wandel. Etikettierungen wie „religiöse Fundamentalisten“ oder „neue Rechte“, die schon immer falsch waren, wirken zunehmend lächerlich und diskreditieren nunmehr nur noch die, die sich ihrer bedienen.
Lesen Sie eine ausführliche Reportage über den "Marsch für das Leben" in Berlin in der kommenden Ausgabe der Tagespost.