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Die Kirche muss bei den Menschen bleiben

Österreich im vierten Lockdown: Die Kirche zieht sich nicht in virtuelle Sphären zurück, und die Bischöfe nicht in den Vatikan.
Gottesdienste im Lockdown
Foto: Julian Stratenschulte (dpa) | Heute agiert die Kirche souveräner, überlegter, planvoller und vor allem menschlicher als im vergangenen Jahr: Gottesdienste werden nicht abgesagt oder in virtuelle Räume verlagert, sondern finden statt.

Seit Montag ist ganz Österreich im vierten Lockdown. Das neuerliche Lahmlegen von Kultur, Gastronomie, Tourismus und (von der Grundversorgung abgesehen) dem Handel ist umstrittener denn je – bei Ungeimpften wie bei Geimpften. Nicht nur, aber auch, weil jede Woche Lockdown die ohnehin angeschlagene österreichische Wirtschaft eine Milliarde Euro kostet.

Kirche weist beachtliche Lernkurve auf

Nicht der Regierung, aber der katholischen Kirche darf man in der Corona-Krise eine beachtliche Lernkurve attestieren. Chaotisch und planlos wie die damaligen Regierungsmaßnahmen wirkten im ersten Lockdown, im Frühjahr 2020, auch die Vorschriften der Bischofskonferenzen. In administrativem Tonfall wurden da Priester und Gläubige darüber belehrt, was nun alles nicht mehr geht, wurden Weihwasserbecken geleert, Gottesdienste ins Internet verlegt, Krankensalbungen nur mehr als Viaticum gestattet. Mitten in der Krise, die für viele Menschen Angst und Leid brachte, zog sich die Kirche weithin in die virtuelle Wirklichkeit zurück. Damals.

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Heute agiert die Kirche souveräner, überlegter, planvoller und vor allem menschlicher: Gottesdienste werden nicht abgesagt oder in virtuelle Räume verlagert, sondern finden statt – zugänglich für alle Gläubigen, ohne Zugangsbeschränkungen oder schikanöse Kontrollen. Die Menschen werden nicht mehr ferngehalten von Liturgie und Sakramenten, sondern sind willkommen. Die Vorsichtsmaßnahmen bewegen sich im Rahmen des Zumutbaren: FFP2-Maskenpflicht bei Gottesdiensten, Abstände und – für jene, denen das wichtig ist – auch die Möglichkeit der Mundkommunion am Ende der Kommunionspendung. Die Kirche ignoriert die Pandemie nicht, sondern setzt auf Sicherheit, aber sie lässt die Gläubigen mit dem Virus und allem, was er bei uns auslöst, nicht allein.

Ad-limina-Besuch soll verschoben werden

Zu diesem Bild passt auch, dass die Bischofskonferenzen den Papst jetzt bittet, ihren seit langem geplanten Ad-limina-Besuch nochmals zu verschieben. Die Bischöfe wollten in dieser angespannten Situation „als Zeichen der Verbundenheit im Land bei den Menschen bleiben“, begründet dies der Vorsitzende der Bischofskonferenzen, Erzbischof Franz Lackner, die Absage der Rom-Reise. Ganz richtig: In dieser Phase, in der sich Gereiztheit und Angst noch schneller verbreiten als das Virus, muss die Kirche ganz nah bei den Menschen sein und bleiben.

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