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Britisches Unterhaus stimmt für assistierten Suizid

Die Abstimmung für den Gesetzesentwurf ist ein bedeutender Schritt hin zu einer Änderung des aktuellen Gesetzes, das Sterbehilfe unter Strafe stellt.
Umstrittener Gesetzentwurf zum assistierten Suizid passiert britisches Unterhaus
Foto: IMAGO/Detlef Heese (www.imago-images.de) | Der assistierte Suizid ist in Großbritannien derzeit illegal. Nach dem Suicide Act von 1961 drohen Personen, die bei einem Suizid helfen, bis zu 14 Jahre Haft.

Das britische Unterhaus hat am Freitag mit einer Mehrheit von 55 Stimmen einem umstrittenen Gesetzentwurf zum assistierten Suizid zugestimmt. Der Vorschlag, eingebracht von der Labour-Abgeordneten Kim Leadbeater, sieht vor, dass unheilbar kranke Erwachsene mit einer Lebenserwartung von weniger als sechs Monaten das Recht erhalten, ihr Leben mit medizinischer Hilfe zu beenden. Insgesamt stimmten 330 Abgeordnete für den Entwurf, während 275 dagegen votierten.

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Der assistierte Suizid ist in Großbritannien derzeit illegal. Nach dem Suicide Act von 1961 drohen Personen, die bei einem Suizid helfen, bis zu 14 Jahre Haft. Der Oberste Gerichtshof hat in der Vergangenheit mehrfach betont, dass eine Änderung der Gesetzgebung Aufgabe des Parlaments sei und nicht der Gerichte. Der jetzige Gesetzentwurf ist seit mehreren Jahren der erste Vorstoß, die aktuelle Rechtslage zu ändern.

Katholische Kirche gegen Gesetzesentwurf

In einem Hirtenbrief hatte Kardinal Vincent Nichols bereits im Oktober Katholiken dazu aufgerufen, sich aktiv in die Debatte um den assistierten Suizid einzubringen. Er warnte vor den ethischen und gesellschaftlichen Konsequenzen eines solchen Gesetzes: Eine Legalisierung des assistierten Suizids verändere auch die gesellschaftlichen Erwartungen und das grundlegende Verständnis von Würde und Schutz des menschlichen Lebens, so der Erzbischof von Westminster. Ein „Recht zu sterben“ könne von den Betroffenen zunehmend als „Pflicht zum Sterben“ empfunden werden. Damit einher gehe die Gefahr, dass für Angehörige der Gesundheitsberufe die „Pflicht der Fürsorge“ zu einer „Pflicht zum Töten“ werde.

Die Befürworter des Gesetzentwurfes betonen die strengen Sicherheitsvorkehrungen: So müssen laut Entwurf zwei unabhängige Ärzte und ein Richter des High Court die Entscheidung eines Patienten bestätigen. Ziel sei es, Missbrauch zu verhindern und sicherzustellen, dass die Entscheidung autonom und gut durchdacht sei. Damit gebe das Gesetz unheilbar kranken Menschen die Wahlfreiheit und Würde am Lebensende zurück. Der Kardinal warnte hingegen davor, dass in allen Ländern, in denen assistierter Suizid legalisiert wurde, die Regelungen zunehmend ausgeweitet wurden, sowohl in Bezug auf den Personenkreis als auch auf die Formen der Sterbehilfe.

Emotionale Debatte im Parlament

Die Debatte vor der Abstimmung war von emotionalen Beiträgen auf beiden Seiten geprägt. Einige Abgeordnete schilderten persönliche Geschichten, um ihre Position zu untermauern. Befürworter betonten, dass es in einer modernen Gesellschaft Aufgabe des Gesetzgebers sei, den Willen von Patienten zu respektieren, die in unerträglichem Leid gefangen seien. Gegner verwiesen auf die Gefahren, die ein solches Gesetz für den Schutz hilfsbedürftiger Menschen birgt. Befürworter argumentieren außerdem, dass viele Briten gezwungen seien, ins Ausland zu reisen, um diese Option in Anspruch zu nehmen. 

Mit der Zustimmung im Unterhaus tritt der Gesetzentwurf nun in die nächste Phase der Gesetzgebung ein. In den kommenden Monaten wird der Entwurf in den Ausschüssen detailliert geprüft und kann dort noch geändert werden, bevor er erneut zur Abstimmung gestellt wird. Sollte der Gesetzentwurf auch die weiteren Hürden im Gesetzgebungsprozess nehmen, wäre dies eine bedeutende Wende in der britischen Rechtsprechung. DT/fha

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