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Argentinien ist nicht Irland

Was die Ablehnung einer Liberalisierung des Abtreibungsverbots in Argentinien für den Lebensschutz bedeutet. Eine Analyse. Von Stefan Rehder
Argentinien: Abtreibungsverbot bleibt bestehen
Foto: Natacha Pisarenko (AP) | Argentinien zeigt der Welt, dass die Siege der oft gut organisierten und finanziell bestens ausgestatteten Abtreibungslobby – wie zuletzt in Irland – keinem Naturgesetz folgen.

Die von Abtreibungsbefürwortern erhoffte Überraschung blieb aus. Wie „Die Tagespost“ berichtete, lehnte der Senat des argentinischen Parlaments eine Liberalisierung des weitreichenden Abtreibungsverbots nach 17-stündiger Debatte heute in den frühen Morgenstunden ab.

Damit scheiterte auch der siebte Anlauf in Folge, in Argentinien eine Fristenregelung einzuführen. Die hätte – noch dazu im Heimatland des Papstes – zweifellos eine Signalwirkung für ganz Lateinamerika entfaltet.

In den meisten lateinamerikanischen Staaten sind Abtreibungen ausnahmslos verboten

Denn in El Salvador, Haiti, Honduras, Nicaragua und Surinan sind vorgeburtliche Kindstötungen noch ausnahmslos verboten. Nur Guyana, Kuba, Uruguay und Mexiko-Stadt besitzen bisher eine Fristenregelung. In allen anderen lateinamerikanischen Staaten sind Abtreibungen bislang grundsätzlich verboten. Ausnahmen gibt es, wenn das Leben der Mutter durch die Fortsetzung der Schwangerschaft gefährdet ist (zum Beispiel in Costa Rica, Dominikanische Republik, Guatemala, Mexiko, Panama, Paraguay und Venezuela), die Schwangere zuvor Opfer einer Vergewaltigung wurde (zum Beispiel in Brasilien, Ecuador, Kolumbien und Peru) und das Kind so schwer geschädigt ist, das ein Überleben der Geburt als unwahrscheinlich gelten muss (zum Beispiel Chile).

Hätte das Parlament in Argentinien – nach Brasilien immerhin der größte Staat in Südamerika – eine Fristenregelung beschlossen, wäre das Wasser auf die Mühlen derer, die in anderen lateinamerikanischen Staaten Fristenregelungen etablieren wollen. Zumal Argentiniens Regierungschef Mauricio Macris bereits angekündigt hatte, von seinem Vetorecht kein Gebrauch zu machen, sollte die Gesetzvorlage, die Abtreibungen bis zur 14. Schwangerschaftswoche für legal erklärt hätte, in beiden Parlamentskammern eine Mehrheit finden.

Argentinien zeigt, dass "Kultur des Todes" kein Selbstläufer ist

Argentinien zeigt der Welt, dass die „Kultur des Todes“ kein Selbstläufer ist und die Siege der oft gut organisierten und finanziell bestens ausgestatteten Abtreibungslobby – wie zuletzt in Irland – keinem Naturgesetz folgen. Der Ausgang der Abstimmung im Senat, für die der Fraktionszwang aufgehoben wurde, zeigt zudem, dass persönliches Engagement und Zeugnis sich lohnen. Denn die Gänsehaut-Bilder von hunderten Medizinern, die aus Protest gegen das Gesetzesvorhaben ihre weißen Arztkittel vor dem Präsidentenpalast in Buenos Aires ablegten, haben nicht nur in Argentinien bleibenden Eindruck hinterlassen.

Zeit zum Ausruhen gibt es indes keine. Die Unterlegenen haben keinen Zweifel daran gelassen, dass sie sich mit ihrer erneuten Niederlage im Parlament nicht abfinden wollen und einen neuen Anlauf starten werden. Der Kampf für den Aufbau einer „Kultur des Lebens“ muss also weiter gehen. In Argentinien. Und andernorts auch.

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Mauricio Macri Naturgesetze Schwangerschaftsabbruch Tod und Trauer

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