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„Psychische Erkrankungen haben nicht zugenommen“

Der Berliner Psychiater Michael Linden sieht keinen Anstieg der psychischen Erkrankungen. Es hätten sich lediglich die Möglichkeiten, solche zu erkennen, verbessert.
Depressionen
Foto: Julian Stratenschulte (dpa) | Es sei in den vergangenen Jahren viel getan worden für eine Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen, meint der Psychiater Michael Linden.

Die Zahl von Krankschreibungen aufgrund psychischer Erkrankungen hat sich in den vergangenen 20 Jahren verdreifacht. Der Berliner Psychiater und Psychotherapeut Michael Linden ist dennoch der Meinung, dass die Zahl der psychische Erkrankungen nicht gewachsen ist. „Dafür gibt es europaweit keinen Indikator.“ Verbessert habe sich allerdings die Erkennung von psychischen Erkrankungen, meint Linden im Gespräch mit der „Tagespost“. „Menschen, die man früher wegen Rückenschmerzen krankgeschrieben oder verrentet hat, werden jetzt korrekt diagnostiziert als Menschen mit psychischen Erkrankungen“, so Linden. Es sei in den vergangenen Jahren viel getan worden für eine Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen. So gebe es etwa mehr Therapeuten, und auch Hausärzte seien besser geschult.

Neu sei jedoch, so der Psychiater, dass auch vordergründig „leichte“ psychische Erkrankungen wie Angst-Erkrankungen sogenannte „Soft-Skills“ wie etwa Kommunikationsfähigkeit, Durchhaltevermögen oder Selbstsicherheit beeinträchtigten. In der modernen Arbeitswelt seien diese Soft-Skills mehr gefordert als früher. „Deshalb fallen Menschen mit psychischen Erkrankungen heute früher raus“, gibt Linden zu bedenken. Damit lasse sich erklären, weshalb unter den Arbeitslosen und Arbeitssuchenden eine erhöhte Zahl von psychisch Kranken zu finden sei.

Das ausführliche Interview lesen Sie in der aktuellen Ausgabe der „Tagespost“ vom 22. März.
DT

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