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An deutschen Flughäfen: Urlaubschaos mit Ansage

An deutschen Flughäfen geht zum Teil nichts mehr – die Gründe hierfür sind vielfältig.
Holiday Traffic Chaos Continue At Düsseldorf Airport Passengers are seen waiting in front of Eurowings check in counter
Foto: Imago | Nicht nur am Düsseldorfer Flughafen stehen stundenlanges Warten und willkürliche Flugstreichungen an der Tagesordnung.

Warteschlangen von zwei bis drei Kilometern vor der Sicherheitskontrolle, etliche gestrichene Flüge und verärgerte Passagiere: Deutschlands Flughäfen befinden sich derzeit im Ausnahmezustand. Bereits im April warnte Lufthansa-Chef Carsten Spohr vor Flugausfällen aufgrund akuten Personalmangels im Frühjahr und Sommer. Schon damals musste die Lufthansa regelmäßig Flüge annullieren, an manch einem Wochenende bewegte sich die Zahl der abgesagten Flüge im dreistelligen Bereich. Mit dem Beginn der Schulferien in Nordrhein-Westfalen brach dann bundesweit das sogenannte „Flughafen-Chaos“ aus: Am Flughafen Düsseldorf soll es am ersten Ferienwochenende so zu fünfstündigen Wartezeiten gekommen sein.

Koffer bleiben auf der Strecke

Die ohnehin angespannte Situation wurde durch Störungen der Gepäckförderanlagen verschärft. Letztlich blieben sogar knapp 1000 Koffer zurück, zahlreiche Passagiere mussten laut Medienberichten ohne Gepäck nach Hause fahren - und das trotz tatkräftiger Unterstützung durch die Feuerwehr. Am Flughafen Köln/Bonn soll es währenddessen bei Sicherheitskontrollen zu Wartezeiten von bis zu eineinhalb Stunden gekommen sein, laut Flughafenangaben wegen krankheitsbedingten Personalausfalls. Am Mittwoch schränkte dann auch noch ein Software-Problem bei der Deutschen Flugsicherung (DFS) den Flugverkehr über weiten Teilen Deutschlands ein.

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Ein nach mehrmaliger Verschiebung schließlich abgesagter Ryanair-Flug von Köln nach Mallorca mündete am Donnerstag in Tränen und Pöbeleien, weil spätnachts keine Busse mehr verfügbar gewesen seien, welche die bereits im Flugzeug sitzenden Passagiere zum Flughafen hätten zurückfahren können. Erst nachdem die Polizei hinzugerufen wurde, konnte das Problem gelöst werden und die frustrierten Passagiere durften nach Hause fahren. Doch auch das Flughafenpersonal ist frustriert, in Hamburg kam es zum Streik.

Hausgemachtes Kofferchaos

In einer Mitteilung der Gewerkschaft Verdi-Airport heißt es sogar, das „Kofferchaos“ in Düsseldorf sei „hausgemacht“ gewesen: Durch die Zulassung von zwei privaten Anbietern, statt – wie gesetzlich vorgeschrieben – nur einem, habe der Flughafen das eigene Bodenpersonal „praktisch abgeschafft“. Der so entstandene künstliche Wettbewerb führe zu einem „ständigen Preisdruck bei den Unternehmen, zu einer hohen Fluktuation und Unterbesetzung bei den Beschäftigten und letztendlich zu einem Mangel an Qualität“. Verdi-Gewerkschaftssekretär Özay Tarim erklärte gegenüber „Bild“, die Gewerkschafter hätten die Flughäfen schon vergangenen Sommer davor gewarnt, dass die Personaldecke im Sicherheitsbereich nicht ausreiche, um das erhöhte Fluggastaufkommen in der Zeit nach den Lockdowns bewältigen zu können.

Schuld bei der Lufthansa?

Christina Behle vom Verdi-Bundesvorstand gibt wiederum der Lufthansa die Schuld für die zahlreichen ausfallenden Flügen. Diese habe es mit dem Personalabbau übertrieben. In einem Brief an die Belegschaft des Luftfahrtkonzerns bestätigt Spohr die Vorwürfe: „Haben wir es unter dem Druck der mehr als zehn Milliarden Euro Pandemie-bedingten Verluste mit dem Sparen an der ein oder anderen Stelle übertrieben? Sicher auch das.“ In einem reumütigen Brief des Konzernvorstands an die Kunden betonte Lufthansa-Chef Spohr zudem, das Unternehmen könne sich für das Chaos „nur entschuldigen“. Mit einer Entspannung der Situation sei so schnell nicht zu rechnen. Der Personalmangel betreffe jedoch, so Spohr, die ganze Branche und nicht nur die Lufthansa.

Nun sollen es türkische Gastarbeiter richten

In die Bresche springen sollen nun jedenfalls türkische Gastarbeiter, die kurzfristig angeworben und für leichte Arbeiten eingesetzt werden sollen. Nach den Plänen der Bundesregierung sollen sie nach Tariflohn bezahlt und mit Unterkünften ausgestattet werden. Kritikern kommt die Maßnahme zu spät, um vor Ferienende zu helfen. Die Lufthansa hingegen reagiert laut Informationen der „Bild“ mit Preiserhöhungen: Kurzzeitig sollten Kunden vorerst nur Flüge der teuersten Preisklasse buchen können – dadurch aber würden vergünstigte Sitzplätze für pendelnde Lufthansa-Mitarbeiter wegfallen, so dass in der Folge noch mehr Personal ausfallen könne.

Einzig und allein die Deutsche Bahn scheint aus der anhaltenden Überlastung deutscher Flughäfen Profit ziehen zu können: So berichtete der „Spiegel“, Sprinter-Züge entlang der innerdeutschen Flugstrecken würden einem Bahn-Sprecher zufolge zu 40 Prozent mehr gebucht als zuvor. Doch sonst hat auch die Bahn an manchen Tagen große Probleme, den Ansturm durch das 9-Euro-Ticket zu bewältigen.

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Marco Fetke

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