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Uganda: In den Gorilla-Bergen

Mit seiner einzigartigen Natur steht Uganda für die ursprüngliche Pracht der Schöpfung. Denn da das ostafrikanische Land kein Corona-Risikogebiet ist, darf man es auch jetzt bereisen. Christlicher Kultur kann man sich dabei allerorten sicher sein.
William Bulega, der ugandische Touristenführer und Chauffeur
Foto: Heinke | William Bulega, der ugandische Touristenführer und Chauffeur, vertraut als guter Christ auf Gott und dessen Gaben.

Die Hähne krähen früh im Hochland von Kigezi. Es scheint, als wollten sie uns dazu animieren, die Schönheit dieser himmelsnahen Szenerie Ostafrikas vom ersten Tageslicht an auszukosten. Noch ruht darauf die Tropennacht. Der gleichmäßige Klang der Dunkelheit aus unzähligen Stimmen und Geräuschen gleicht dem Pulsschlag eines Schlafenden.

Wie eine dicke, weiche Decke verhüllt die Finsternis die bergigen Konturen der Umgebung. In ihrem Schwarz versunken sind sogar die scharfen Silhouetten der Virungas gegenüber. Die acht Vulkane liegen teils im äußersten Südwesten von Uganda wie auch in Ruanda und Ost-Kongo. Sie sind eines der letzten beiden Rückzugsgebiete der vom Aussterben bedrohten Berggorillas. Das zweite ist der Bwindi-Regenwald etwas weiter nördlich.

Unterwegs zu den Gorillas

Um dort die imposanten Tiere zu erleben, gehen ich und weitere sechs Gäste von Akwaba Afrika heute auf Erkundungstour. Der nachhaltig orientierte Veranstalter aus Leipzig ist auf individuelle Afrikareisen spezialisiert. Sympathisch sind sowohl sein ökologisches und soziales Engagement als auch der private Reisestil in sehr kleinen Gruppen.

Ich öffne die Terrassentür des Bungalows und gehe ein paar Schritte in den Garten. Den Mutanda-See zu meinen Füßen kann ich im Dunkeln nur erahnen. Die feuchte, kühle Luft, die er nach oben schickt, vertreibt die letzte Schläfrigkeit. Schon wenige Minuten später sitzen alle in den beiden Allrad-Jeeps. Der Weg zum Nationalpark ist nicht weit, doch steinig. Ja, mitunter führt er über blanke Felsen. Das braucht Geduld und Zeit.

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39 Prozent Katholiken in Uganda

„Kein Problem“, meint William Bulega, der ugandische Touristenführer und Chauffeur. Der 47-Jährige vertraut als guter Christ auf Gott und dessen Gaben. Neben Besonnenheit zählt dazu auch Wills Fahrtalent. Als Katholik gehört der dreifache Familienvater der größten Landeskirche an. Denn mehr als 39 Prozent der Ugander bekennen sich zum römisch-katholischen Glauben. Insgesamt sind 85 Prozent der Bevölkerung Christen, darunter auch Anglikaner (32 Prozent), Angehörige der Pfingstbewegung (elf Prozent) und weiterer christlicher Glaubensgemeinschaften. 14 Prozent sind Muslime, das restliche eine Prozent Bahais und andere.

Waren früher nur afrikanische Religionen verbreitet, brachten im 19. Jahrhundert arabische Händler zunächst den Islam nach Uganda. Forschungsreisenden folgten in den 1870er Jahren anglikanische und schließlich auch katholische Missionare, die beiden aus Frankreich stammenden „Weißen Väter“ Pater Siméon Lourdel und Bruder Amans. Die ersten Jahre des neuen Glaubens in Uganda waren von Unruhe, Gewalt und Blut gezeichnet. 22 katholische Diener des ugandischen Königs Mwanga II starben 1885 den Märtyrertod.

Papst Paul VI. sprach sie 1964 heilig. Jährlich am 3. Juni wird ihrer weltweit gedacht. Die ihnen gewidmete Basilika der Märtyrer von Uganda, 1973 von dem Schweizer Architekten Justus Dahinden an ihrem Hinrichtungsort in Namugongo erbaut, wurde zu einer Wallfahrtskirche. Eine weitere Basilika der Märtyrer von Uganda wurde 2016 in der Hauptstadt Kampala geweiht.

Eingeschränktes religiöses Leben

Normalerweise an jedem Sonn- und Feiertag gut gefüllt, finden jetzt zu Zeiten von Covid-19 auch in Uganda Gottesdienste nur in Radio, TV und online statt. „Obwohl wir vergleichsweise wenige Coronafälle im Lande hatten, sind wir doch alle von der Pandemie betroffen“, berichtet William. Das religiöse Leben spiele sich seit über einem Jahr ausschließlich zu Hause ab. Und weil kaum Fremde nach Uganda kamen, gab es so gut wie keine Arbeit. Umso mehr freut sich der Guide und Fahrer über unseren Besuch.

Während er den Wagen vorsichtig um respektable Bodenlöcher lenkt, drängt das Morgengrauen unseren Blick schon in die Ferne. Für ein paar Augenblicke hat alles einen blauen Schimmer. Doch im Handumdrehen wird es hell. Senkrecht geht die Sonne auf. „Hier am Äquator dauert jede Dämmerung nur wenig mehr als 20 Minuten“, sagt William. Wie aus dem Nichts tritt aus den Wolkenschleiern die geheimnisvolle Berg- und Tallandschaft hervor.

Verhalten der Tiere nachahmen

Am Südeingang des Bwindi Impenetrable Nationalparks empfängt uns Miel Mfitumukiza. „Wenn wir Glück haben, sehen wir noch heute Vormittag Gorillas“, ermutigt uns der junge Ranger. Das Tracking könne aber auch viele Stunden dauern, fügt der 33-Jährige hinzu. Um die Suche zu vereinfachen, erkunde man jeweils am Vorabend die Schlafplätze der pflanzenfressenden Nomaden. „So wissen wir, wo sie am nächsten Morgen starten“, erklärt uns Miel.

Damit sie sich daran gewöhnen, dass sich ihnen Menschen nähern, werden die Tiere bis zu zweieinhalb Jahre trainiert. Dazu gehöre etwa, ihr Verhalten nachzuahmen. Miel legt das Kinn auf seine Brust und brummt ein paar Mal tief und grunzend. „Das beruhigt sie“, weiß er. Vertrauen schaffe ebenfalls, wenn man Blätter von den Büschen zupfe und so tue, als würde man sie essen.

17 von den 36 Berggorillagruppen in den Bwindi-Wäldern wurden auf diese Weise für touristische Beobachtungen vorbereitet. Das ist rund die Hälfte der 549 Tiere, die im Nationalpark leben. Nur wenig über 1 000 sind es insgesamt in der Region, dem letzten Lebensraum der Spezies. Nicht zuletzt durch sanften, stark reglementierten Tourismus, durch dessen Erlös der Schutz hauptsächlich finanziert wird, wächst der Bestand seit Jahren wieder an.

Kein Blitzlicht

Wir starten. Miel schärft uns noch einmal ein: „Stets ruhig bleiben, nichts essen oder trinken. Keinem Tier zu lange in die Augen schauen, auf keinen Fall Blitzlicht benutzen!“

Im Gänsemarsch geht es durch den Dschungel. Vorneweg läuft jemand mit Gewehr. „Bloß für den Notfall“, klärt uns der Ranger auf. Auch wenn er jeden Morgen zu Gott bete, dass dieser ihn vor angriffslustigen Waldelefanten schütze: „Sollten wir mit einem Ärger kriegen, reicht ein Schuss ins Leere, um ihn zu vertreiben.“ Im Unterschied zu dem Gewehr, das zum Glück die ganze Zeit nur über seiner Schulter hängt, kommt die Machete in der Hand des Nationalparkwächters oft zum Einsatz. Immer wieder kurz und kräftig haut der Mann das lange, breite Messer in das krautige Gestrüpp. Der schmale Trampelpfad ist seit der letzten Tour fast zugewachsen.

Schon tief im Wald, ertönt aus Miels mobilem Funkgerät ein kratzendes Geräusch und schließlich eine Stimme. „Sie haben sie gefunden“, gibt er uns die Botschaft freudig weiter und deutet auf den steilen Hang. Von nun an führt der Weg direkt durchs Dickicht und konsequent nach oben – zu einer siebenköpfigen Gorillagruppe.

Der Silberrücken

Auf dem Rwamunyonyi-Hügel erwartet uns der Suchtrupp aus vier Männern. Schweigend zeigt der erste auf die Büsche vor uns. Zweige biegen sich. Es raschelt. Dann, ganz kurz, ein schwarzer Schatten. Der erste Berggorilla! Ein Späher winkt uns, ihm zu folgen.

Nach ein paar Schritten stehen wir auf einer kleinen Lichtung – und mittendrin in einer friedlichen, gemütlichen Gesellschaft wilder Affen. Allesamt sind sie so vertieft in ihre Blätter-Schlemmerei, dass sie uns gar keine Beachtung schenken.

Vater Silberrücken hockt im hohen Gras. Zunächst schaut nur sein Riesenkopf heraus. Emsig schiebt er Blatt für Blatt ins Maul und kaut. Zwei Halbwüchsige sitzen vis-a-vis. Der eine laust den anderen. Hingebung und Genuss – auf beiden Seiten.

Durch die Zweige über ihnen hangelt sich ein großäugiges Affenkind. Tollpatschig pflückt es das Laub und lutscht daran herum. Seine Mahlzeit ähnelt eher einem Spiel. Zielgerichtet eilt hingegen eine Mutter mit ihrem Baby auf dem Rücken zum nächsten Futterbusch.

Faszinierend schöne Wesen

Wir folgen ihr – mit Abstand. Dass wir schweigen sollen, muss uns niemand sagen. Denn sprachlos sind wir ohnehin. Die faszinierend schönen Wesen, die uns Menschen in so vielem ähnlich sind, bezaubern uns mit ihrer Kraft und Sanftmut, ihrem Familiensinn und ihrer Art, sich Sympathie durch körperliche Nähe und Zärtlichkeit zu zeigen. Nun kann ich Miel so gut verstehen, wenn er sagt: „Ich liebe meine Arbeit, weil ich mich dabei Gott sehr nahe fühle. Und ich helfe damit, ein wunderbares Stück von seiner Schöpfung zu bewahren.“

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