Mit der zunehmenden Einsamkeit in der Gesellschaft hat sich jüngst die Konferenz „Gemeinsam aus der Einsamkeit“ beschäftigt. Vom „Kompetenznetzwerk Einsamkeit“ (KNE) in Kooperation mit dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSJF) veranstaltet, brachte die Konferenz vergangene Woche internationale Experten und Wissenschaftler mit Fachkräften aus Wohlfahrtsverbänden, Engagierten und Politikern zusammen.
Zehn Prozent leiden unter Einsamkeit
Zu Beginn der Konferenz wies Benjamin Landes, Direktor des „Instituts für Sozialarbeit und Sozialpädagogik e.V.“ und Leiter des KNE, darauf hin, dass seit langem etwa zehn Prozent der Bevölkerung unter Einsamkeit leiden. Die Corona-Pandemie habe einen Anstieg der Zahlen bewirkt, zudem seien nun auch andere Bevölkerungsgruppen betroffen. In der Suchbewegung, was man konkret vor Ort und politisch tun könne, sei die Konferenz ein „echter Meilenstein“.
Nach einem wissenschaftlichen Impuls über Definition und Verbreitung der Einsamkeit von Mazda Adli, dem Leiter des Forschungsbereichs „Affektive Störungen“ an der Charité und Chefarzt der Fliedner Klinik Berlin, kündigte Bundesfamilienministerin Lisa Paus die Erarbeitung einer Strategie des BMFSJF gegen Einsamkeit an. Diese soll in einem breiten Beteiligungsprozess entstehen und gemeinsam mit dem KNE bis zum Ende der 20. Legislaturperiode umgesetzt werden. Paus sagte: „Einsamkeit betrifft viele Menschen. Häufig sind es die Älteren unter uns, deren Partner oder Partnerin gestorben ist, deren Freundeskreis kleiner wird oder die nicht mehr mobil genug sind, um das Haus zu verlassen. Und die sich jemanden wünschen, um zu reden und um Sorgen und Freude zu teilen. Aber auch viele jüngere Menschen kennen das Gefühl der Einsamkeit und leiden darunter, wie sich gerade während der Corona-Pandemie gezeigt hat.“ Für eine erfolgreiche Strategie gegen Einsamkeit bedürfe es unterschiedlicher Perspektiven. „Dafür legen wir heute den Grundstein."
Anschließend ermöglichte ein Podiumsgespräch einen Erfahrungsaustausch zwischen internationalen Experten. Acht verschiedene Fokusgespräche am Nachmittag widmeten sich Themen wie Armut und Einsamkeit, Einsamkeit und demokratische Teilhabe, Wechselwirkungen von Migrations- und Fluchterfahrungen bezüglich der Einsamkeit und den sozialen und gesundheitlichen Folgen. Bestimmte Lebensalter wurden herausgegriffen, so das Alter, aber auch die zunehmende Einsamkeit bei Kindern und Jugendlichen.
Solidarisches Miteinander und gesellschaftlicher Zusammenhalt
Die Auftaktveranstaltung zur Eröffnung des Kompetenznetzwerkes fand im Januar dieses Jahres mit der früheren Bundesfamilienministerin Anne Spiegel statt. Die drei Säulen Praxisforschung, Netzwerkarbeit und Wissenstransfer sollen dazu beitragen, ein solidarisches Miteinander und den gesellschaftlichen Zusammenhalt fördern. Zum Beispiel veröffentlicht das Kompetenznetzwerk Expertisen, in denen das Wissen rund um die Einsamkeit zusammengestellt wird. Ein Online-Fragebogen, der systematisch ausgewertet wird, sammelt Informationen zu Initiativen und Projekten zur Vorbeugung und Bekämpfung der Einsamkeit. Die Veranstaltungsreihe der KNE Salons mit Referaten von Experten und Austausch lädt vor allem Interessierte, Betroffene und Fachkräfte ein. Für September ist ein KNE Salon über die digitale Teilhabe im Alter geplant; bisherige Veranstaltungen befassten sich mit Engagement und sozialer Arbeit im Kontext von Einsamkeit sowie der Bedeutung und Aktualität des Gefühls Einsamkeit.
Das Projekt wird durch das „Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik e.V.“ durchgeführt. Die Förderung des BMFSF beläuft sich auf mehr als eine Million Euro bis Ende 2022. Eine enge Kooperation und Abstimmung mit Vertretern der Politik, den Spitzenverbänden der Freien Wohlfahrt, dem BMFSFJ sowie weiteren Akteuren aus Forschung und Zivilgesellschaft soll der zweimal jährlich tagende Projektbeirat sicherstellen. DT/chu
Weitere Informationen: http://www.kompetenznetz-einsamkeit.de
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