„Denn wen der Herr liebt, den züchtigt er; er schlägt mit der Rute jeden Sohn, den er gern hat.“ (Hebr 12,6) In der Bibel finden sich mehrere Bibelstellen, in denen die Themen Strenge und Züchtigung in engem Zusammenhang mit der Liebe stehen.
Ich habe mir die Frage gestellt, welche „Züchtigungen“ wir unseren Kindern auferlegen müssen, um sie zu gesunden, reifen Menschen heranwachsen zu lassen. Die Rute ist uns fremd, das Schlagen hoffentlich ebenso. Dennoch gibt es Bereiche, in denen wir als Eltern sehr herausgefordert und gerufen sind, unsere Kinder mit klaren Grenzen zu begleiten. Ein Thema, in dem sich meine Kinder „gezüchtigt“ erleben, ist das Thema Medienzeit. Dies ist wohl eine der größten Herausforderungen unserer Zeit: unsere Kinder im Umgang mit Medien gut zu begleiten. In unserer lauten und schnellen Welt ist es schwer, Ruhe zu finden. Doch diese ist lebensnotwendig – nicht zuletzt, um in der Stille Gott zu hören.
Sich die Medienzeit erkämpfen
Alle Eltern kennen das Thema zur Genüge. Ich persönlich kann bei meinen Kindern beobachten, dass „Screen-Time“ fast immer eine gereizte Stimmung und erhöhte Aggression zur Folge hat. Vor einigen Jahren riet eine Lehrerin meines Sohnes: „Doppelt so viel lesen wie Medienzeit!“ Das wollten wir ausprobieren. Unsere Söhne lasen so gut wie nie. Sie hatten jedoch ein gewisses Kontingent an Zeit, das sie mit Filmen oder Computerspielen verbringen durften.
Meine Jungs lieben Herausforderungen, und so waren sie gleich dabei, als es hieß: Ihr könnt euch Medienzeit erlesen. Endlich war das leidige Thema an etwas Sinnvolles gekoppelt. Mit Erfolg. Innerhalb weniger Wochen lasen sie dermaßen viel, dass die Screen-Times auf ein Maß anwuchsen, das wir Eltern für ungesund hielten. Dennoch war ein Ziel erreicht – sie lesen seitdem gerne und viel. Das Schöne am Lesen ist ja: Wenn man es einmal kann, verliert es nicht mehr an Attraktivität.
48 Stunden Regeneration von Computerspielen
In dieser Zeit hatte ich ein augenöffnendes Gespräch mit einem Onkel, der in dem Thema psychologisch bewandert ist. Wir sprachen darüber, wie beherrschend das Thema Computerspiele sein kann. Damals hatten unsere Kinder ein tägliches kurzes Zeitfenster, in dem sie Spiele zocken oder Serien schauen durften. Die Inhalte zogen sich jedoch durch den ganzen Tag – durch jedes Gespräch. Mein Onkel meinte, dass ein Kind etwa 48 Stunden brauche, um den Kopf von den Inhalten frei zu bekommen. Das hat meine Beobachtungen perfekt bestätigt. Daraufhin haben wir fünf medienfreie Tage eingeführt. Und ja – meine Kinder haben das als „Züchtigung“ empfunden. Nur mehr am Freitag und Samstag durften sie eine altersgemäße Zeit mit Medien verbringen. Es war sehr eindrücklich zu erleben, wie viel ruhiger und stressfreier die anderen fünf Tage plötzlich waren.
Nachdem meine Jungs gut auf die erste Challenge angesprungen waren, kam mir der Gedanke, das Thema Medienzeit mit etwas zu verbinden, das mir hilft, Ordnung im Haus zu schaffen und zusätzlich die Kinder in einem Bereich fit macht, den sie ihr ganzes Leben brauchen werden. Wir wandelten das System etwas ab: „Doppelt so viel Hausarbeit wie Medienzeit.“
Erst die Arbeit, dann das Tablet
Es war mir ein inneres Volksfest zu beobachten, wie motiviert und bereitwillig meine Kinder gelernt haben, die Küche blitzsauber zu machen, das Bad zu schrubben oder den Staubsauger durchs Haus zu schwingen – natürlich altersgemäß gestaffelt. Mittlerweile hat sich das System wieder etwas gewandelt. Momentan gibt es mehrere Voraussetzungen für die Medienzeit: Sie müssen drei Aufgaben im Haus übernehmen, ihre Wäsche aus dem Wäschezimmer in ihre Schränke befördern und ihr Zimmer aufgeräumt haben. Ich bin erstaunt, wie diese Systeme, obgleich zunächst als Einschränkung und Züchtigung erfahren, sie mittlerweile freut – und sie in ihren Bereichen eine befriedigende Selbstwirksamkeit erleben. So habe ich als wahr erfahren, was Sprüche 29,17 sagt: „Züchtige deinen Sohn, so wird er dir Ruhe verschaffen und deinem Herzen Freude machen.“
Gerne würde ich von Ihren Erfahrungen lesen. Schreiben Sie mir doch gerne über die Tagespost.
Die Autorin ist verheiratet, Mutter von vier Kindern, Autorin mehrerer Bücher und lebt in Augsburg.
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