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Kölner Domkapellmeister: Gattung Knabenchor erhalten

Das der Berliner Staats- und Domchor ein Mädchen nicht zulassen muss, kann der Leiter der Kölner Dommusik, Eberhard Metternich, gut nachvollziehen. Er lobt das Gerichtsurteil als Würdigung der künstlerischen Form der Gattung des Knabenchores.
Gerichtsurteil zu Knabenchor
Foto: Arno Burgi (dpa-Zentralbild) | Der Domkapellmeister und Leiter der Kölner Dommusik, Eberhard Metternich, plädiert dafür, die Trennung von Mädchen- und Knabenchören zu erhalten. Im Bild der Dresdner Kreuzchor.

Das Berliner Verwaltungsgericht hat die Klage einer Mutter zurückgewiesen, die die Zulassung ihrer Tochter zum Staats- und Domchor erreichen wollte – ein Urteilsspruch, den der Domkapellmeister und Leiter der Kölner Dommusik gut nachvollziehen kann. Er plädiere dafür, die Gattung Knabenchor zu erhalten, so Eberhard Metternich im Gespräch mit dem Kölner „Domradio“.

Kunstfreiheit vor Verbot der Diskriminierung

„So wie ich die Begründung verstanden habe, hat hier quasi die Kunstfreiheit gegenüber dem Diskriminierungsgesetz überwogen.“ Dies sei natürlich „etwas heikel“, zeige aber gleichzeitig, dass die Gattung Knabenchor und der besondere Klang der Knabenchöre als eine künstlerische Form gewürdigt worden sei.

Die Mutter eines bald zehnjährigen Mädchens hatte geklagt, weil ihre Tochter nach einem Vorsingen beim Berliner Staats- und Domchor, einem reinen Knabenchor, abgelehnt worden war. Sie forderte die gleiche Teilhabe an staatlichen Leistungen und Förderungen für ihr Kind. In der Begründung des Gerichts heißt es, dass das Ensemble berechtigt sei, mit Blick auf den spezifischen Klang des Knabenchores Mädchen abzulehnen, deren Stimme diesem Klangbild nicht entspreche.

"Wenn [...] ein Chorleiter das spezifische
Klangideal eines Knabenchores sucht,
kann er den Chor ausschließlich auf Jungs begrenzen"
Kölner Domkapellmeister Eberhard Metternich

Für Domkapellmeister Metternich bedeutet das nicht grundsätzlich, dass man einfach sage, die Stimme eines Mädchens passe gesanglich nicht in einen Knabenchor. „Wenn sich aber ein Chorleiter das spezifische Klangideal eines Knabenchores sucht, kann er den Chor ausschließlich auf Jungs begrenzen.“

Die Trennung von Knaben- und Mädchenchören sieht Metternich neben dem künstlerischen Aspekt auch durch den sozialen und pädagogischen Gedanken begründet. So würden in Köln Knaben und Mädchen in der Schule zusammen unterrichtet, gingen aber bis zur Pubertät getrennte Wege. „Das sorgt dafür, dass jeder Chor ein eigenes Profil bekommt.“

Berufung in nächster Instanz

Dass das Urteil noch einmal für eine Berufung in der nächsten Instanz zugelassen wurde, betrachtet Metternich mit gemischten Gefühlen. Einerseits wünsche er sich, dass wieder etwas Ruhe in die Diskussion komme. „Auf der anderen Seite dient es auch dazu, der Bedeutung des Chorgesangs für Kinder und Jugendliche ein bisschen Öffentlichkeit zu verschaffen.“

DT/mlu

Die Hintergründe zu diesem Thema finden Sie in der Wochenausgabe der Tagespost.

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