„Viele Influencer haben weder das Talent, noch den Intellekt oder den Charakter, um Menschen zu führen“, warnt der österreichische Psychiater, Neurologe und Psychotherapeut Raphael Bonelli. Das Problem ist nur: Sie tun es vielfach, indem sie ihre psychischen Befindlichkeiten auf Social Media ausbreiten. Bonelli warnt im „Tagespost“-Interview insbesondere vor Selbstdiagnosen, denn diese seien „fast immer falsch“.
Der bekannte Wiener Psychiater, der auch mit mehreren Bestsellern von sich reden machte, sieht einen Trend zur Psychologisierung von Befindlichkeiten: „Begonnen hat die Psychologisierung mit der Selbstdiagnose ‚hochsensibel‘. Früher hieß das ‚hochneurotisch‘ und war negativ, heute wird ‚hochsensibel‘ allgemein als positiver Begriff gedeutet.“ Ähnliches geschehe auf Social Media derzeit mit der Selbstdiagnose „Borderline“.
Einfluss von Influencern auf Fans bedenklich
Insgesamt sei der Einfluss sogenannter Influencer auf ihre Fans bedenklich: „Wenn man jung ist und sich mit einem Idol identifiziert, fühlt man schnell alles, was das Idol hat.“ Es gebe eine „irrationale Identifikation mit Vorbildern“. Es wäre besser, wenn Influencer, die nicht vom Fach sind, sich gar nicht zu psychischen Phänomenen und therapeutischen Ansätzen äußern würden, meint Bonelli.
„Viele Influencer haben aber wohl nicht dieses Verantwortungsgefühl, weil sie oft selbst verlorene Seelen sind. Manche verlieren sich in ihrer Pathologie, und das finden andere, die auch pathologisch sind, dann anziehend.“ So gebe es Internet-Foren, in denen Influencerinnen verherrlichend über ihre Essstörungen sprechen. „Das ist sehr gefährlich, weil die Ideen der Essstörung extrem ansteckend sind.“ DT/sba
Lesen Sie das vollständige Interview mit dem Psychiater, Psychotherapeuten und Bestsellerautor Raphael Bonelli am kommenden Donnerstag in Ihrer „Tagespost“.