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Schönheitswahn auf Social Media: Wie viel Selbstliebe ist gesund?

Öffnet man die sozialen Netzwerke, so ist man überall und permanent von ihnen umgeben: Influencer, die so schön sind wie Laufstegmodels.
Diverse Kosmetikprodukte liegen auf einer Mamorplatte
Foto: Element5 Digital / Unsplash

 Während Frauen sich in der Regel durch perfekte Kurven und professionelles Make-up auszeichnen, zeigen Männer gerne ganz beiläufig ihre Sixpacks. Der Schönheitswahn schlägt voll um sich und lässt uns glauben, ebenfalls diesen präsentierten Maßstäben entsprechen zu müssen. 

Das hat zur Folge, dass Menschen eine Menge Geld für Beauty-Produkte ausgeben, um ihrem Idealbild so nahe wie möglich zu kommen. Darüber freut sich besonders die Kosmetikindustrie, die ihrerseits natürlich längst die sozialen Netzwerke als Werbeplattformen entdeckt hat. 

Wie die Umsätze vor allem mithilfe von digitalen Technik-Tools nach oben getrieben werden, kann in diesem Artikel von CyberGhost nachgelesen werden, doch was machen all diese Entwicklungen mit uns? Und wie kann man dem Ganzen effektiv entgegenwirken? Das wollen wir hier klären. 

Schönheitsideale fernab der Realität werden zur Normalität

Sieht man sich einmal genauer an, welches Bild in der digitalen Welt vom perfekten Körper auf Instagram, TikTok und Co. vermittelt wird, so fällt schnell auf, dass dieses sehr einseitig ist: hochgewachsen, schlank, wohlproportioniert und superfit muss man sein, um als attraktiv zu gelten. Natürlich darf auch das makellose Gesicht mit faltenfreier Haut nicht fehlen. 

Umgeben von so vielen hübschen, dünnen Menschen bekommt man freilich schnell ein Gefühl von Minderwertigkeit. Ganz besonders, wenn man bedenkt, dass Frauen hierzulande laut Angaben des Statistischen Bundesamtes ein Durchschnittsgewicht von rund 69 Kilogramm haben und damit eher Kleidergröße 42/44 tragen. 
Zudem unterläuft uns leider ständig der Fehler, dass wir all das für bare Münze nehmen, was uns online präsentiert wird. Und zwar, obwohl uns theoretisch klar ist, dass hier kräftig getrickst und eine völlig verzerrte Wirklichkeit dargestellt wird.

Denn zum einen landen zumeist keine Schnappschüsse im Netz, sondern nur die gelungensten Fotos, für die lange posiert wurde und die zudem einen ausführlichen Bearbeitungsprozess mit Filtern und Bildkorrekturen durchlaufen haben. Makel werden ausgeblendet und die Frisur sitzt jeweils perfekt, schließlich will sich jeder nur im allerbesten Licht präsentieren.

Zum anderen stecken hinter immer mehr Profilen schon gar keine echten Personen mehr. Diese Fake-Influencer werden per Künstlicher Intelligenz erstellt und zwar so erstaunlich gut, dass sie kaum als solche zu erkennen sind. Es handelt sich also in beiden Fällen um reine Inszenierung, die so clever gemacht ist, dass sie dennoch einen natürlichen, spontanen Eindruck vermittelt. 

Social-Media hat auch erhebliche negative Auswirkungen

Je häufiger wir den Content solcher Profile konsumieren, desto mehr ähnliche Inhalte bekommen wir von den smarten Algorithmen angeboten, die unser Klickverhalten spiegeln. In der Folge vergleichen wir uns unaufhörlich, werten uns daher ab, leiden unter Selbstzweifeln und strengen uns immer noch mehr an, um an die vermeintlichen Schönheitsmaßstäbe heranzukommen – sei es, indem eine weitere Diät gemacht oder indem exzessiv Sport getrieben wird. 

Daneben kauft man selbstverständlich alle Produkte, mit denen einem der Beautymarkt makellose Haut, glänzendes Haar und ewige Jugend verspricht. Es ist erschreckend, welche Summen pro Jahr vor allen Dingen für Make-up sowie Haut- und Haarpflege ausgegeben werden, obgleich das Wunschresultat damit nie erreicht werden kann. 

Noch tragischer ist allerdings, unter welch gesellschaftlichem Druck vor allem junge Menschen stehen, die ihren digitalen Vorbildern blind nacheifern. Nicht selten sind sie ernstzunehmenden Risiken wie Cybermobbing, Essstörungen oder psychischer Erschöpfung ausgesetzt. 

Wie dieser Trend der Kosmetikindustrie in die Karten spielt 

Aufgrund all dieser Umstände ist im Kosmetikbereich aktuell so viel Geld zu machen wie nie zuvor, weshalb Unternehmen der Branche ihre Werbestrategien aufs Maximum ausdehnen. Das geschieht inzwischen zu großen Teilen durch leistungsstarke Beauty-Tech, die eindrückliche, personalisierte Kundenerlebnisse ermöglicht. 
So braucht man nicht mehr das Internet zu durchstöbern, sondern bekommt aufgrund des ausgewerteten Klickverhaltens proaktiv sehr treffende Angebote unterbreitet. Doch damit noch nicht genug. Denn der technische Fortschritt in den sozialen Medien geht inzwischen sogar so weit, dass man sich nicht nur mithilfe hochwertiger Fotos und Videos über Schönheitsprodukte informieren, sondern diese im gleichen Zug auch direkt testen kann. 

Durch Gesichtserkennungs-Tools und Augmented Reality lassen sich die Farbnuancen von Make-up-Artikeln vergleichen und beispielsweise perfekt mit dem eigenen Hautton abstimmen. All das passiert am Smartphone ganz bequem von zu Hause aus, weshalb man noch nicht einmal mehr ein Fachgeschäft aufsuchen muss.  
Zudem ist selbstverständlich direkt eine Kaufoption eingebunden, die einen unkompliziert zum entsprechenden Webshop leitet, auf dem dann auch die Zahlung im Handumdrehen digital erledigt wird. Bequemer geht es also kaum mehr, doch hat diese leistungsstarke Technologie durchaus auch ihre Schattenseiten, wenn es um die Themen Datenschutz und Wahrung der Privatsphäre geht. 

Wie ein gesunder Umgang mit Social Media aussehen kann

Anstatt uns diesen geradezu aufdiktierten Schönheitsmaßstäben zu unterwerfen und unseren Selbstwert davon abhängig zu machen, wie sehr wir ihnen entsprechen, sollten wir uns wieder viel eher auf innere Werte besinnen. Denn was Menschen nicht nur im Augenblick, sondern auch langfristig wirklich attraktiv für Ihr Gegenüber macht, ist weder der gestählte Körper, noch das strahlend weiße Lächeln, sondern vielmehr ihre Persönlichkeit. 

Was Äußerlichkeiten betrifft, hat sich zudem die Bewegung der Body Positivity etabliert, die dazu ermuntert, sich im eigenen Körper rundum wohlzufühlen. Wenn es um Selbstoptimierung geht, sollten gesundheitliche Aspekte im Vordergrund stehen und nicht der vermeintliche Wunsch, anderen damit zu gefallen.  

Sich komplett aus den sozialen Netzwerken zurückzuziehen, wird für die meisten keine praktikable Lösung sein, aber den Konsum verringern können wir allemal. Genauer hinzusehen und Inhalte kritisch zu hinterfragen, schafft einen gesunden Abstand. Zudem ist als Gegengewicht zur digitalen Welt die Begegnung mit anderen im realen Leben unverzichtbar. Denn dort sind wir von echten Menschen umgeben und bemerken, dass diese alle ebenso unperfekt sind wie wir auch. 

Was uns online vorgegaukelt wird, zeigt in den wenigsten Fällen wirklich selbstbewusste Frauen und Männer. Wer wahre Selbstliebe empfindet und mit sich komplett im Reinen ist, der definiert sich erst gar nicht über sein Erscheinungsbild und stellt sich damit auch nicht so prahlerisch ins Rampenlicht. 

Wenn jemand sich mit seinen individuellen Schwächen annehmen kann, braucht er auch keine Tausende von Followern oder Unmengen positiver Kommentare und Likes, um Bestätigung zu erfahren. Es gilt also, einen aufmerksamen Umgang mit diesen Medien zu finden, denn dann können sie unser Leben durchaus positiv bereichern. 

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