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Alain Delon: Strahlender Leinwand-Engel mit dunklen Flecken

Alain Delon ist tot. Mit ihm starb ein Star nicht nur des französischen Kinos. Ein Nachruf von Henry C. Brinker
Alain Delon
Foto: imago stock&people | Paraderolle: Alain Delon als Tancredi Falconeri in "der Leopard" (1963).

Aus dem Film kennen wir ihn als den eiskalten Engel. Und auch wenn er im Alter wieder zum Glauben zurück fand und im Testament ein katholisches Begräbnis (auf seinem Anwesen bei Paris neben seinen 35 toten Hunden) festgeschrieben hat: ein Engel war er wohl nur im sichtbaren Glanz seines männlich-attraktiven Äußeren. Aufgewachsen in einer Pflegefamilie verdankte der französische Schauspieler Alain Delon, der jetzt mit 88 Jahren verstarb, seine Sozialisation der Armee. Im Indochina-Krieg, berüchtigt für die Grausamkeit auf beiden Seiten des Kolonialkampfes, lernte Delon nach eigenen Angaben Disziplin und Respekt, Umgangsformen und Auftreten. Davor verlief seine Jugend chaotisch und kriminell, das Militär holte den verkrachten Teenager zurück in die Gesellschaft. Als Soldat soll der spätere Schauspieler allerdings auch eine Lust am Töten und eine kaum gezügelte Sexualität offenbart haben, wusste ein Vorgesetzter zu berichten.

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Alles andere als gewaltfrei verliefen später auch Delons Beziehungen zu Frauen, psychische und physische Gewalt waren immer ein Thema. Nach fünf Jahren verließ er Romy Schneider für ein schauspielerndes Model, seine spätere Frau Nathalie, Mutter seines Sohns Anthony, auch ein Schauspieler. Mutter Magda Schneider hatte gewarnt, Delon würde ihre Tochter „in den Abgrund reißen“.  Die Verlassene fand im leeren Bett nur einen kleinen Abschieds-Zettel, unterzeichnet mit „Delon“. Die berühmte „Sissy“-Darstellerin war anschließend dem Selbstmord nahe, gleichwohl blieb sie der Liebe ihres Lebens bis zu ihrem Tod 1982 eng verbunden. Zusammen drehten sie noch, schon getrennt, den legendären Krimi- und Beziehungsfilm „Swimming Pool“, wo jeder Zuschauer den immer noch flirrenden Gefühlen zwischen den beiden Weltstars nachspüren konnte.

Sehnsucht nach Autorität

Bis zuletzt blieb Delon nicht nur in Frankreich eine Figur des öffentlichen Lebens. Die Sehnsucht nach Autorität, Recht und Gesetz, die er noch als Cäsar in „Asterix bei den Olympischen Spielen“ auf der Leinwand verkörperte, brachte er in sein politisches Weltbild ein. Mit dem Front-National-Gründer Jean-Marie Le Pen, Vater von Marie, war er eng befreundet, die Todesstrafe war für Alain Delon unverzichtbar. Die unkontrollierte Einwanderung sah er als Bedrohung an.

Bis zuletzt nahm er sein Leben als unvollendet wahr, er habe nicht genug Zeit gehabt, all das umzusetzen und zu erleben, was ihn umtreibe, erzählte er vor einigen Jahren. Der unstillbare Lebenshunger eines Unersättlichen, der doch alles und jede gehabt zu haben schien, erschüttert alle, die den großen Schauspieler trotz allem schätzen - und lieben. 

Seine Filme werden bleiben

Delons Filme werden bleiben, allen voran „Der Leopard“ mit Claudia Cardinale und Burt Lancaster. Auch als Produzent war er erfolgreich. „Borsalino“ mit Jean-Paul Belmondo war wie alle Delon-Filme ein Kassenknüller.

Während die Verleihung der Goldenen Ehrenpalme an Alain Delon 2019 in Cannes im Zuge der Me-Too-Diskussion um Missbrauch und Gewalt gegen Frauen umstritten war, wurde er im gleichen Jahr an anderer Stelle rückhaltlos begeistert gefeiert. Zum Dresdner Opernball rollte man dem Star den Roten Teppich aus und verlieh ihm den St.-Georgs-Orden, eine allerdings beschädigte Auszeichnung, die zuvor auch schon dem russischen Diktator Putin zuteil geworden war.

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