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Monika Gruber und die rechte Masche

Die Kabarettistin Monika Gruber muss sich gegen Rassismusvorwürfe wehren. Kommt es zu rechtlichen Konsequenzen, wäre das der Todesstoß für die Satire in Deutschland.
Die Kabarettistin Monika Gruber
Foto: IMAGO/STL-Studio Liebhart (www.imago-images.de) | Muss sich mit Rassismusvorwürfen auseinandersetzen: die Kabarettistin Monika Gruber.

Rechtsextreme Frauen unterwandern aktuell aktiv auch die textile Hobbyszene (z. B. zum Thema Stricken). Bitte setzt Euch aktiv damit auseinander, wer was anbietet und wer Angebote bietet.“ Eine solche Meldung würde man normalerweise höchstens im Postillon vermuten. Wenn sie aber tatsächlich ernst gemeint ist, dann bietet sie sich nicht nur zur Satire an, sie fordert regelrecht dazu heraus.

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Daher konnte auch Monika Gruber nicht widerstehen, besagten Beitrag in ihrem neuesten Buch „Willkommen im falschen Film“ zu verarbeiten. Wie im falschen Film dürfte sich „die Gruberin“ jetzt erneut fühlen, denn die Autorin des Beitrags, Roma Maria Mukherjee, erwägt derzeit rechtliche Schritte gegen die bayerische Kabarettistin, da sie sich persönlich angegriffen und rassistisch beleidigt fühle. Beistand erhält sie dafür unter anderem von Kerstin Herrnkind im „Stern“. Davor zu warnen, dass die textile Hobbyszene von rechtsextremen Frauen unterwandert würde, sei harmlos und berechtigt, zumal „in einem Land, in dem die rechtsextreme Terrorzelle NSU aus dem Untergrund heraus über Jahre zehn Morde, 15 Raubüberfälle und drei Sprengstoffanschläge verüben konnte“.

Kann eine textile Hobbyszene überhaupt von Rechtsextremen unterwandert werden?

Das kann man freilich auch anders sehen. Zunächst einmal ist der Vorwurf einer rechtsextremen Unterwanderung niemals harmlos, was ausgerechnet Frau Herrnkind durch den hanebüchenen Bezug zum Nationalsozialistischen Untergrund bestätigt. Überdies liegt hier ein gewisser Widerspruch vor, denn eine Warnung vor etwas Harmlosen kann per se nicht berechtigt sein. Berechtigt sind Warnungen im Übrigen nur dann, wenn sie auf stichhaltigen Belegen basieren. Diese behauptet Frau Mukherjee zwar zu haben, behält sie aber lieber für sich, weshalb der Vorwurf, Frau Gruber würde diese Quellen nicht zur Kenntnis nehmen, höchst fragwürdig ist.

Über allem schwebt natürlich die Frage, wie eine textile Hobbyszene überhaupt von Rechtsextremen unterwandert werden kann und woran man diese subversiven Kräfte erkennt. Stricken sie nur rechte Maschen? Treffen sie sich rund um den Obersalzberg? Diese und ähnliche Fragen stellt Frau Gruber in ihrem Buch – berechtigterweise! Dass sie in diesem Zusammenhang den Verdacht äußert, Roma Maria Mukherjee heiße in Wirklichkeit vielleicht „Maria Müller“ und schäme sich lediglich ihrer deutschen Herkunft, ist eine ebenso offensichtliche wie gekonnte Zuspitzung, für die sich Frau Gruber nun allerdings wegen Rassismus verantworten muss. Wobei Frau Mukherjee bereits durch die Nennung ihres Namens ihr Persönlichkeitsrecht verletzt sieht, was bei einer Frau, die auf ihrem öffentlichen X-Account über 70.000 Beiträge unter ihrem Namen veröffentlicht hat, ein wenig merkwürdig anmutet.

Das einzig wirklich Harmlose an dieser ganzen Angelegenheit sind Grubers ursprüngliche Kommentare. Dass sie dafür tatsächlich rechtliche Konsequenzen zu fürchten haben soll, ist eigentlich unvorstellbar. Falls aber doch, wäre das der endgültige Todesstoß für die Satire in Deutschland.

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Sebastian Moll Rechtsextremisten

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12.03.2024, 10 Uhr
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