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Kirchensteuer: Sozialethiker fordert Abschied von pastoralen „Spielwiesen“

Die „Tagespost“ beleuchtet die Folgen des zurückgehenden Kirchensteueraufkommens in Deutschland. Der Theologe Elmar Nass warnt vor falschen Prioritäten und mächtigen Lobbys.
Theologe Elmar Nass warnt vor falschen Prioritäten und mächtigen Lobbys
Foto: Adobe Stock | Elmar Nass kritisiert die rein ökonomische Logik der Kirche und fordert einen Abschied von liebgewonnenen Spielwiesen.

Der Aachener Sozialethiker Elmar Nass fürchtet angesichts der absehbaren Rückgänge der Kirchensteuereinnahmen, dass „mächtige Lobbys“ ihre Pfründe verteidigen und nötige Reformen verhindern. Das sagte Elmar Nass heute der „Tagespost“ im Hinblick auf die Auswirkungen der Corona-Krise auf die Finanzen der Kirche in Deutschland. Man müsse sich von verschiedenen Spielwiesen verabschieden, „die in den ‚fetten Jahren‘ ein Eigenleben entwickelt haben. Zentralistische Pastoralorganisation gerät da in den kritischen Blick ebenso wie aufwendige Repräsentationsgebäude oder Kaderschmieden für oft linksideologisch-politische Meinungsbildung unter kirchlichem Dach.” Es könne aber nicht einfach überall ein wenig gekürzt werden. Es brauche deshalb auch schmerzliche Verabschiedungsprozesse von Bereichen, die in Zukunft nicht mehr finanzierbar sind. Das nur ermögliche die Stärkung zentraler Bereiche.

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Die Kirche darf nicht nur der ökonomischen Logik folgen

Der katholische Theologe, der in Fürth und Aachen Wirtschaftsethik lehrt, mahnt daher an, dass kirchliche Gelder nicht in teure Unternehmensberatungen oder Marketingstudien fließen sollten, die rein ökonomischer Logik folgten und für die Seelsorge wenig oder keinen sichtbaren Erfolg erbrächten. Es gelte somit nicht als „Nachlassverwalter“ aufzutreten, sondern „mit möglichst transparenten Kriterien Schwerpunkte (zu) definieren, in die weiterhin investiert wird.“

Dramatischen Kirchensteuereinbußen zu erwarten

Da die Kirchensteuer als Annexsteuer unmittelbar an die Lohn- und Einkommensteuer gekoppelt ist, werden die staatlichen Steuerausfälle Auswirkungen auf die Einnahmen der Kirchen in Deutschland haben. Die „Tagespost“ hat die Bistümer gefragt. Auch wenn die Bistümer bislang auf Schätzungen angewiesen sind, ist ein drastischer Rückgang zu erwarten, denn die Wirtschaftsweisen gehen bereits von einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um 4,2 Prozent aus. Mit der Steuerschätzung des Bundesfinanzministeriums Mitte Mai 2020 werden aber auch für die Finanzplaner der Diözesen erste belastbare Zahlen vorliegen.

 

DT/ska

Wie sich die einzelnen Bistümer durch Haushaltssicherung, Kurzarbeit und Einstellungsstopps auf die Situation einstellen und welche Fragestellungen absehbar aufgeworfen werden, erfahren Sie in der kommenden Ausgabe der Tagespost. Holen Sie sich das ePaper dieser Ausgabe

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