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Die Macht des Faktischen

Theologisch geschulte Bischöfe melden sich beim Synodalen Weg nicht mehr zu Wort, weil dort nur noch zählt, was in der Praxis längst eingerissen ist.
Theologisch geschulte Bischöfe melden sich beim Synodalen Weg nicht mehr zu Wort
Foto: Maximilian von Lachner (Synodaler Weg / Maximilian von L)

Bevor sich heute Vormittag das Abstimmungstheater in Geschäftsordnungsfragen selbst verhedderte, waren auf der fünften und letzten Synodalversammlung in Frankfurt doch einige interessante Argumente zu hören. Es ging um die Beteiligung von Nichtmännern an der Verkündigung in Wort und Sakrament, wobei die deutschen Bischöfe mit einem Änderungsantrag den synodalen Frieden etwas gestört hatten.

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Sie wollten, dass die Fragen der aktiven Beteiligung von Laien bei Predigt, Taufe und anderen sakramentalen Handlungen weiter geprüft werde – in Kommissionen, Arbeitskreisen und „Expertenrunden“ – und nicht, wie es das Synodalforum III „Frauen in Diensten und Ämtern der Kirche“ eigentlich wollte, eine bereits präzise formulierte Forderung an den Vatikan gerichtet werde. Zum Beispiel in Form einer Bitte um ein Indult in Frage der Laienpredigt. Das Hauptargument war das der Verlogenheit. Nach dem Motto: Was jetzt schon Praxis in deutschen Bistümern ist, kann doch nicht deswegen weiter geprüft werden, weil es Rom noch nicht gestattet hat.

Praxis statt Orthodoxie

Das also ist die „hohe Theologie“ des Synodalen Wegs: Die Macht des Faktischen. Auch etwa in einer anderen Frage: Wenn jetzt schon Ordensfrauen nicht mehr bei Priestern beichten, sondern untereinander, dann dürfe man an diesem Faktum nicht mehr vorbeigehen. Wenn es Nonnen mit Missbrauchserfahrung gebe, die ihre Sünden nicht vor einem Kleriker bekennen könnten, dann sei das eben so. Das also ist die Methoden des Synodalen Wegs. Was bereits Praxis in deutschen Landen ist, soll ein positives Votum dieses Forums erhalten, damit man am Flickenteppich „Kirche in deutschen Bistümern“ weiterweben kann. Man hat die Stimme Roms vernommen und gibt an den Papst und Weltkirche zurück, was in Deutschland allen Unkenrufen zu Trotz vielerorts bereits alltägliche Praxis ist.

Die Macht der Mehrheit

Es fällt dabei auf, dass Bischöfe, die durchaus das Format hätten, vor dem synodalen Haus einmal eine Kostprobe „hoher Theologie“ zu geben, inzwischen eher schweigen. Wenn sich bei der laufenden Synodalversammlung Bischöfe zu Wort melden, geht es meistens um Verfahrensfragen: Wie bekommt man es hin, dass dem Wunsch der Mehrheit des Synodalen Wegs Rechnung getragen wird, ohne damit in der Ökumene, im Vatikan oder in der Weltkirche allzu viel Porzellan zu zerschlagen.

Theologisch geschulte Köpfe wie die Bischöfe von Passau, Eichstätt, Augsburg, Regensburg oder Köln scheinen schon im Vorfeld erkannt zu haben, dass es dem Synodalen Weg nicht mehr um theologische Erkenntnis geht, sondern um die Macht der Mehrheit. Die sich heute nicht zuletzt darin gezeigt hat, dass der Antrag von fünf Teilnehmern – sehr wahrscheinlich Bischöfe – auf geheime Abstimmung von der Mehrheit der Versammlung einfach abgeschmettert wurde. Ein in den Grundsätzen jeder wahren Synodalität selbstverständlich verankertes Recht wurde damit ausgehebelt. Von der Macht des Faktischen hin zur Diktatur der Mehrheit ist es nur ein kleiner Schritt.

Lesen Sie in der kommenden Ausgabe der Tagespost umfassende Berichte, Hintergründe und Meinungen zur fünften Vollversammlung des Synodalen Weges in Frankfurt.

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Guido Horst

Kirche

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