Dass Pier Giorgio Frassati sein Leben für den Dienst am Nächsten und das Gebet hingab, war „in seiner großbürgerlichen Blase nicht üblich“. Das erklärt der Mainzer Dominikaner Frater Philipp Wagner im Interview mit dieser Zeitung. Frassatis Vater war Atheist und Gründer der italienischen Zeitung „La Stampa“, seine Mutter eine „psychisch stark belastete“ Künstlerin. Sie wussten, Pier Giorgio verbringt viel Zeit mit seinen Freunden. Doch dass der angehende Ingenieur sich in seiner Freizeit in den Elendsvierteln Turins herumtrieb, wurde ihnen erst bei seiner Beerdigung klar. Zu dieser kamen 10.000 Menschen. „Das muss man sich mal vorstellen, in einer Zeit ohne Social Media“, kommentiert Frater Philipp.
Sie hätten gemerkt, in Pier Giorgio konnte man Gott begegnen, so der Dominikaner. Frassati habe sich bewusst dagegen entschieden, Novize des „Predigerordens“ zu werden. „Denn er sah seine Aufgabe in der Welt, bei den Menschen“, so Frater Philipp. Und darum wurde er Dominikanerlaie, Mitglied des dritten Ordens und studierte Ingenieurswesen. „Um beruflich bei den Arbeitern sein zu können, die unter den sozialen Problemen litten.“
Das Vorbildliche an Frassati sei seine Menschlichkeit und Normalität, meint Frater Philipp, denn: Pier Giorgio, von dem es Bilder mit seinen Freunden an einem Tisch voll leerer Weinflaschen gibt, sei ein begeisterter Bergsteiger gewesen – und humorvoll. „Er betete viel und feierte gerne. Heiligkeit bedeutet nicht, frömmelnd mit bleichem Gesicht herumzulaufen.“ DT/elih
Das Originalinterview erscheint am 4. September in der „Tagespost“.
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