Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Wegen Verjährung

Verfahren gegen Benedikt XVI. eingestellt

Ermittlungen gegen den verstorbenen Papst, Kardinal Wetter und den ehemaligen Generalvikar Gruber werden wegen mangelnder Schuldnachweise oder Verjährung eingestellt.
Joseph Ratzinger, Erzbischof von München
Foto: Ludwig Hamberger (dpa) | Das Verfahren aufgrund des Münchner Missbrauchsgutachten wurde gegenüber dem verstorbenen Benedikt XVI. eingestellt.

Die Ermittlungen gegen den verstorbenen Papst Benedikt XVI., den früheren Münchner Erzbischof Kardinal Friedrich Wetter und den ehemaligen Münchner Generalvikar Gerhard Gruber sind eingestellt worden. Dies gab die Staatsanwaltschaft München I am Vormittag bei einer Pressekonferenz bekannt. Die Ermittlungen auf Grundlage des Missbrauchsgutachtens für das Erzbistum München und Freising vom Januar 2022, die unter anderem gegen die drei kirchlichen Verantwortungsträger gelaufen waren, „ergaben jeweils keinen hinreichenden Verdacht strafbaren Handelns der Personalverantwortlichen“, so die Staatsanwaltschaft. Es sei „entweder keine beihilfefähige Haupttat nachweisbar“ oder eine solche wäre wegen Verjährung nicht mehr verfolgbar gewesen“ hieß es zu Benedikt XVI. weiter. „Daher erfolgten in diesen Verfahren keine Vernehmungen der beschuldigten Verantwortungsträger und damit auch keine Mitteilungen der Verfahrenseinleitung und -einstellung.“

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Staatsanwaltschaft untersuchte 45 Fälle

Geprüft worden sei insbesondere, ob ein kirchlicher Verantwortungsträger durch eine Personalentscheidung Beihilfe zu einer später begangenen, noch nicht verjährten Missbrauchstat eines Priesters geleistet haben könnte, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Hinsichtlich Wetter und Gruber stand den Angaben zufolge der „Fall 26“ aus dem Missbrauchsgutachten und damit ein 1962 verurteilter Kleriker im Fokus. Dazu hätten die Ermittlungen den Verdacht zweier noch nicht verjährter Haupttaten ergeben. Bei Wetter sei jedoch nicht feststellbar gewesen, dass er um Missbrauchsvorwürfe gewusst und den betreffenden Priester im Dienst gelassen habe, und bei Gruber nicht, dass er zum Missbrauch vorsätzlich beigetragen habe.

Das Missbrauchsguthaben war von der Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW) vorgestellt worden. Auf dieser Basis hat die Staatsanwaltschaft nach eigenen Angaben 45 Fälle untersucht. Die Zahl der Opfer liege bei 497, die Dunkelziffer sei vermutlich weitaus größer. 67 Kleriker hätten aus Sicht der Anwälte wegen der „hohen Verdachtsdichte“ eine kirchenrechtliche Sanktion verdient. In 43 Fällen sei jedoch eine solche unterblieben. 40 von ihnen seien weiter in der Seelsorge eingesetzt worden, darunter auch 18 strafrechtlich verurteilte Priester.
Joseph Ratzinger habe sich als Münchner Erzbischof (1977-1982) in vier Fällen fehlerhaft verhalten. Dem derzeitigen Erzbischof, Kardinal Reinhard Marx, warfen die Anwälte vor, sich bis 2018 nicht ausreichend um Fälle sexuellen Missbrauchs gekümmert zu haben und zwei Fälle nicht nach Rom gemeldet zu haben. Marx' Vorgänger, Kardinal Wetter, hat laut WSW in seiner mehr als 25-jährigen Amtszeit in 21 Fällen Fehlverhalten gezeigt. DT/sha

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