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Neuer Missbrauchsfall im Bistum Trier

Ein Priester dokumentierte über Jahrzehnte hinweg eigenen Missbrauch. Der Umgang des Bistums mit dem Fall ruft Kritik hervor.
Trierer Dom
Foto: imago stock&people | Neues Ungemach für das Bistum Trier: der Missbrauchsfall Dillinger wirft Fragen auf

Im Bistum Trier sind neue Belege für sexuellen Missbrauch aufgetaucht. Bereits am vergangenen Donnerstag machte die „Rhein-Zeitung“ einen besonders aufsehenerregenden Fall öffentlich. Demzufolge hatte der im Bistum tätige Priester Edmund Dillinger über Jahrzehnte hinweg Missbrauchstaten begangen und diese durch Fotos und Tagebucheinträge akribisch dokumentiert.

Nach dem Tod des zuletzt an Demenz erkrankten Geistlichen im November 2022 hatte dessen Neffe im Haus seines Onkels zahlreiche Dia-Aufnahmen mit unbekleideten Minderjährigen gefunden, die zwischen den 1960er und den 2000er Jahren aufgenommen wurden. Wie der Neffe in einem Video der „Rhein-Zeitung“ sagt, handele es sich um „unfassbar viele Opfer“ und „eindeutig pornographisches Material“, bei dem auch zu erkennen sei, dass Dillinger sich „immer mehr getraut“ habe. Auch Fotos unbekleideter afrikanischer Frauen, die bei den Besuchen des Geistlichen in Kamerun, Togo, Ghana oder Burkina Faso entstanden sein könnten, seien unter den Dokumenten gewesen. Dillinger hatte dort mit dem von ihm gegründeten Verein „CV-Afrika-Hilfe“ Entwicklungshilfe geleistet. Wie die „Bild“-Zeitung berichtet, hat sich der Verein mittlerweile von Dillinger distanziert.

Bistum will umfangreiche Aufklärung

Durch das Bistum Trier war Dillinger 2012 die öffentliche Messzelebration untersagt worden, auch mit Jugendlichen durfte er, wie die Katholische Nachrichtenagentur (KNA) berichtet, keinen Kontakt mehr haben. Allerdings habe es bereits 1971 entsprechende Vorwürfe gegeben, die lediglich eine Versetzung zur Folge gehabt hätten. Bis 1999 sei Dillinger noch an einem Gymnasium im Saarland eingesetzt gewesen. Nach dem Bekanntwerden der Vorwürfe will die Diözese nun umfangreiche Aufklärung betreiben. Im Laufe des Wochenendes seien weitere Hinweise beim Bistum eingegangen; die Befassung der bisher beauftragten unabhängigen Aufarbeitungskommission reiche nicht aus, hieß es. Der Trierer Bischöfe Stephan Ackermann habe daher den Generalvikar Ulrich Graf von Plettenberg mit der Koordination beauftragt. Betroffene sollten sich beim Bistum melden. Auch die saarländische Bildungsministerin Christine Streichert-Clivot (SPD) kündigte an, eine eigene Stelle einzurichten, an die sich mögliche Opfer des Priesters wenden können.

Die Aufarbeitungskommission war ihrerseits in die Kritik geraten, weil ihr Vorsitzender, der ehemalige rheinland-pfälzische Justizminister Gerhard Robbers, dem Neffen des Beschuldigten in einem Telefongespräch geraten haben soll, die belastenden Fotos zu verbrennen. Gegenüber der KNA sagte Robbers nun, er „habe nicht dazu geraten, das Material zu verbrennen“, sondern lediglich auf die Rechtslage hingewiesen und gesagt, dass man das Material zügig an eine zuständige Stelle geben oder vernichten müsse.

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Dillinger war für sein Engagement in Afrika 1976 mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet worden. Kirchliche Ehren wurden ihm mit der Ernennung zum Ehrendomherren der Kathedrale von Mbalmayo in Kamerun zuteil. Der Priester war zudem Kuratoriumsmitglied des „Forum Deutscher Katholiken“.  DT/jra

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