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Lebensführung von Religionslehrern nicht mehr relevant

Neue Voraussetzungen für Erteilung der Lehrerlaubnis: Zeugnis geben, unabhängig von geschlechtlicher Identität. Theologisch begründete Kritik und Zweifel sind möglich.
Katholischer Religionsunterricht: Neue Voraussetzungen für Erteilung der Lehrerlaubnis
Foto: Elisabeth Schomaker | Praktisch bedeuten die Änderungen, dass homo- oder transsexuell lebenden Religionslehrern sowie wiederverheirateten Geschiedenen die Erlaubnis nicht mehr ohne weiteres entzogen oder verweigert werden kann.

Die private Lebensführung katholischer Religionslehrer ist in Zukunft nicht mehr relevant für die Erteilung ihrer Lehrerlaubnis, der sogenannten „Missio canonica“. Die neue „Musterordnung der katholischen (Erz-)Diözesen“ Deutschlands ist am Dienstag von der Deutsche Bischofskonferenz (DBK) veröffentlicht worden. Beschlossen worden sei die neue Ordnung bereits seit 23. Januar 2023.

Kritische Loyalität

Konkret bedeuten die Änderungen, dass homo- oder transsexuell lebenden Lehrkräften sowie wiederverheirateten Geschiedenen die Erlaubnis nicht mehr ohne Weiteres entzogen oder verweigert werden kann. Zu einem Zeugnis christlichen Lebens seien „alle Religionslehrkräfte aufgefordert, unabhängig von ihrer Herkunft, ihrem Alter, ihrer Behinderung, ihrer persönlichen Lebenssituation, ihrer sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität“. Mit dem Zeugnis christlichen Lebens unvereinbar seien Handlungen, die öffentlich wahrnehmbar seien und sich gegen die Kirche oder deren Werteordnung richteten.

In dem Text heißt es außerdem, Religionslehrkräfte sollten sich „im Sinne einer kritischen Loyalität zu kontrovers diskutierten kirchlichen Themen auch im Unterricht theologisch begründet positionieren und so zu einer lebendigen Kirche beitragen“. Rechtgläubigkeit schließe theologisch begründete Kritik und Zweifel nicht aus. Gleichzeitig bedürfe es innerhalb der weltanschaulich pluralen Gesellschaft einer glaubwürdigen Positionierung der eigenen Religiosität in dem Bewusstsein, dass es sich hierbei immer um eine lebenslange Aufgabe handele.

91 Prozent der Religionslehrer stimmen mit Lehramt nicht überein

Die neue Ordnung löst die seit 1973 gültigen Rahmenbedingungen für Religionslehrer ab. Bislang gab es neben der fachlichen Qualifikation zwei Kriterien für die Verleihung der Missio: die Bereitschaft, „den Religionsunterricht in Übereinstimmung mit der Lehre und den Grundsätzen der Kirche zu erteilen“, und die Beachtung von „katholischen Grundsätzen in der persönlichen Lebensführung“. In der neuen Musterordnung gibt es drei Kriterien: die volle Eingliederung in die Kirche durch Taufe, Firmung und Eucharistie, die Bereitschaft, den Religionsunterricht „in Übereinstimmung mit der Lehre der Katholische Kirche glaubwürdig zu erteilen“, sowie die Bereitschaft, „ein Zeugnis christlichen Lebens in Schule und Unterricht zu geben“.

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Die neue Missio-Ordnung weitet die geänderten Anforderungen an die Lebensführung, die mit der Reform der Grundordnung des kirchlichen Dienstes seit November 2022 bereits für alle kirchlichen Beschäftigten galten, auch auf die katholischen Religionslehrkräfte aus, die nicht im Kirchendienst sind und für die die Grundordnung damit nicht gilt. Bereits vor der Reform der Grundordnung haben mehrere Bistümer ihre Missio-Ordnungen reformiert, darunter Osnabrück (2017), Hildesheim (2021) und Limburg (2022).

Laut „Spiegel“ sei die neue Musterordnung „ein Zugeständnis an die Realität in den Schulen“ vonseiten der Deutsche Bischofskonferenz. Zum einen sei der Lehrkräftemangel auch im Fach Religion deutlich spürbar, zum anderen fremdelten viele katholische Religionslehrer mit der Kirche. Dabei bezieht sich der „Spiegel“ auf das Portal katholisch.de, welches im Februar 2022 berichtet hatte, dass 91 Prozent der Lehrkräfte für katholische Religion große Differenzen zwischen ihren persönlichen Überzeugungen und lehramtlichen Themen wie Sexualität, Frauen in Ämtern und Machtstrukturen sehen würden. Dies hätte eine Umfrage der Verbände der Religionslehrer an Gymnasien und Berufsschulen von Anfang 2022 ergeben. DT/sha

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