Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Missbrauchsaufarbeitung

"Es fehlt an Einheitlichkeit"

Der Verantwortliche Koordinator der MHG-Studie, Harald Dreßing, moniert, dass die Kirche es ihm versäumt hat, den Missbrauch ordentlich aufzuarbeiten und eine unabhängige nationale Wahrheitskommission zu errichten.
MHG-STtdie
| Der Koordinator der MHG-Studie, Harald Dreßing (l), übergibt ein Exemplar der STudie an den damaligen DBK-Vorsitzenden, Kardinal Reinhard Marx (M), und den TriererBischof Stephan Ackermann, Bischof von Trier, der bis ...

Fünf Jahre nach Erscheinen der MHG-Studie wirft Studienkoordinator Harald Dreßing der Kirche vor, versäumt zu haben, „eine wirklich transparente, authentische Aufarbeitung zu beginnen“, und zwar „ganz unabhängig von der Institution der katholischen Kirche“. Im Gespräch mit „Domradio“ monierte er, die Diözesen hätten stattdessen begonnen, „jeder für sich und nach eigenem Gusto, irgendetwas zu machen“. Die Kirche habe damit „eine große Möglichkeit vertan“, so der Forensische Psychiater und Verantwortlicher Koordinator der MHG-Studie.

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Zwar wertet Dreßing es positiv, dass sich die Kirche als bisher einzige Insitution „intensiv mit der Thematik beschäftigt“ habe. Aber es fehle bei der Aufarbeitung von Missbrauch vor allem an Einheitlichkeit. Außerdem  müsse „die völlige Unabhängigkeit von der katholischen Kirche“ gewährleistet sein.  Hier müsse die Kirche bereit sein, etwas Kontrolle abzugeben. Sie tue sich nichts Gutes, wenn sie „alles im Griff haben“ wolle, so der Psychiater. Je mehr diese Bestrebung da sei – und das ist für ihn „auch ein Stück weit Klerikalismus“ – umso mehr entgleite ihr der Prozess. 

Kirche darf nicht alles kontrollieren wollen

2018 seien mit dem damaligen Unabhängigen Beauftragten Aufarbeitungskommissionen eingerichtet worden. Aber „nicht alle Diözesen haben … bisher eine solche Aufarbeitungskommission implementiert“, kritisiert Dreßing, der auch Professor am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim ist. Die Zusammensetzung der existierenden Kommission sei „teilweise sehr umstritten, konfliktbehaftet und … nicht völlig transparent“. Zum Teil seien Betroffen, wie im Fall Köln, zudem instrumentalisiert worden.

Dreßings wiederholte seine Forderung, eine unabhängige nationale Wahrheitskommission zu etablieren, wobei dabei die Politik mtispielen müsste, und die sei „auch sehr schläfrig, sehr zögerlich“. Beispielsweise sei die längst geforderte Dunkelfeldstudie überfällig. Bisher seien alle Bemühungen für eine Finanzierung einer solchen Studie durch den Staat fehlgeschlagen, bedauert Dreßing. Offensichtlich wolle man auch in der Politik „mancherlei gar nicht so genau wissen und nicht alle Bereiche durchleuchten lassen“. DT/dsc

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