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Audienz am 3. Januar 2018

Die Audienz-Ansprache von Franziskus am 03. Januar 2018 im Wortlaut.
Pope Francis' general audience
Foto: Giorgio Onorati (ANSA) | Papst Franziskus.

Die heilige Messe – 6. Der Bußakt

Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag!

Wir nehmen die Katechesen zur Feier der Eucharistie wieder auf und betrachten heute im Zusammenhang der Eingangsriten den Bußakt. In seiner Nüchternheit begünstigt er die Haltung, die einzunehmen ist, um die heiligen Geheimnisse würdig zu feiern, das heißt: indem wir vor Gott und den Brüdern und Schwestern unsere Sünden bekennen. Die Einladung des Priesters gilt nämlich der ganzen Gemeinde im Gebet, da wir alle Sünder sind. Was kann der Herr dem schenken, der das Herz bereits voll von sich selbst, vom eigenen Erfolg hat? Nichts, denn der Anmaßende ist unfähig, Vergebung zu empfangen, satt wie er ist von seiner eingebildeten Gerechtigkeit. Denken wir an das Gleichnis vom Pharisäer und dem Zöllner, wo allein der zweite – der Zöllner – gerechtfertigt, das heißt als der, dem vergeben wurde, nachhause zurückkehrt (vgl. Lk 18,9-14). Wer sich seines Elends bewusst ist und demütig die Augen senkt, spürt, wie sich der barmherzige Blick Gottes auf ihn legt. Aus Erfahrung wissen wir, dass allein der, der seine Fehler anzuerkennen und um Entschuldigung zu bitten vermag, das Verständnis und die Vergebung der Anderen empfängt.

In Stille auf die Stimme des Gewissen zu hören gestattet es anzuerkennen, dass unsere Gedanken fern von den göttlichen Gedanken sind, dass unsere Worte und unsere Taten oft weltlich sind, also geleitet von Entscheidungen, die dem Evangelium entgegengesetzt sind. Deshalb begehen wir zu Beginn der Messe als Gemeinde den Bußakt mit einer Formel des allgemeinen Bekenntnisses, das in der ersten Person Singular gesprochen wird. Ein jeder bekennt Gott und den Brüdern und Schwestern, „dass ich Gutes unterlassen und Böses getan habe – ich habe gesündigt in Gedanken, Worten und Werken“. Ja, auch in den Unterlassungen, also darin, es unterlassen zu haben, das Gute zu tun, das ich hätte tun können. Oft fühlen wir uns in Ordnung, weil ich – sagen wir es so – „niemandem etwas Böses zugefügt habe“. In Wirklichkeit genügt es nicht, dem Nächsten nichts Böses anzutun, es ist notwendig, sich dazu zu entscheiden, das Gute zu tun und die Gelegenheiten wahrzunehmen, ein gutes Zeugnis dafür zu geben, dass wir Jünger Jesu sind. Es ist gut zu unterstreichen, dass wir sowohl vor Gott als auch vor den Brüdern und Schwestern bekennen, Sünder zu sein: das hilft uns, die Dimension der Sünde zu verstehen, die uns, während sie von Gott trennt, auch von unseren Brüdern und Schwestern abspaltet, und umgekehrt. Die Sünde zerschneidet: sie zerschneidet die Beziehung mit Gott und sie zerschneidet die Beziehung mit den Brüdern und Schwestern, die Beziehung in der Familie, in der Gesellschaft, in der Gemeinde: die Sünde zerschneidet immer, sie trennt, sie spaltet.

Die Worte, die wir mit dem Mund sprechen, werden von der Geste begleitet, dass wir uns auf die Brust schlagen, während wir bekennen, dass ich gerade durch meine Schuld und nicht durch die der anderen gesündigt habe. Oft kommt es nämlich vor, dass wir aus Angst oder Scham mit dem Finger auf die anderen zeigen, um sie zu beschuldigen. Es kostet einen etwas, zuzugeben, dass man schuldig ist, doch es wird uns gut tun, es aufrichtig zu bekennen. Die eigenen Sünden bekennen. Ich erinnere mich da an eine Anekdote, die ein alter Missionar erzählte, von einer Frau, die zur Beichte ging und begann, von den Fehlern ihres Mannes zu reden; dann ging sie dazu über, von den Fehlern der Schwiegermutter zu erzählen, und dann von den Sünden der Nachbarn. An einem gewissen Punkt sagte der Beichtvater zu ihr: „Nun, gnädige Frau, sagen sie mir bitte: sind sie fertig? – Sehr gut: Sie sind mit den Sünden der Anderen fertig. Jetzt fangen Sie bitte an, von den Ihren zu reden“. Die eigenen Sünden sagen!

Nach dem Bekenntnis der Sünden bitten wir die selige Jungfrau Maria, alle Engel und Heiligen, bei Gott für uns zu beten. Auch hierbei ist die Gemeinschaft der Heiligen wertvoll: die Fürsprache dieser „Freunde und Vorbilder für das Leben“ (vgl. Präfation vom 1. November) stützt uns auf dem Weg hin zur vollen Gemeinschaft mit Gott, wenn die Sünde endgültig vernichtet sein wird.

Neben dem „Ich bekenne“ kann der Bußakt auch mit anderen Formeln verrichtet werden, zum Beispiel: „Erbarme Dich, Herr, unser Gott, erbarme Dich. / Denn wir haben vor Dir gesündigt. / Erweise, Herr, uns Deine Huld. / Und schenke uns Dein Heil“ (vgl. Ps 123,3; 85,8; Jer 14,20). Besonders am Sonntag kann man das Taufgedächtnis mit dem Segensgebet und der Besprengung der Gemeinde mit Weihwasser begehen (vgl. Grundordnung des Römischen Messbuchs, 51), das alle Sünden auslöscht. Es ist auch möglich, als Teil des Bußaktes das „Kyrie eléison“ zu singen: mit alten griechischen Worten rufen wir den Herrn an – Kyrios – und erflehen sein Erbarmen (ebd., 52).

Die Heilige Schrift bietet uns leuchtende Beispiele von „Büßergestalten“, die nach der Sünde erneut zu sich gekommen sind und den Mut finden, die Maske abzulegen und sich der Gnade zu öffnen, die das Herz erneuert. Denken wir an König David und an die ihm zugeschriebenen Worte im Psalm: „Gott, sei mir gnädig nach deiner Huld, tilge meine Frevel nach deinem reichen Erbarmen“ (51,3). Denken wir an den verlorenen Sohn, der zum Vater zurückkehrt; oder an den Ruf des Zöllners: „Gott, sei mir Sünder gnädig!“ (Lk 18,13). Denken wir auch an den heiligen Petrus, an Zachäus, an die samaritanische Frau. Sich an der Zerbrechlichkeit des Tons zu messen, aus dem wir gemacht sind, ist eine Erfahrung, die stärkt: während sie uns mit unserer Schwäche konfrontiert, öffnet sie uns das Herz, um um das göttliche Erbarmen zu flehen, das verwandelt und bekehrt. Und das ist es, was wir im Bußakt zu Beginn der Messe tun.

 

Die Pilger und Besucher aus dem deutschen Sprachraum begrüßte der Heilige Vater mit den folgenden Worten:

Herzlich heiße ich die Pilger deutscher Sprache willkommen. Viele Gestalten der Heiligen Schrift und die Heiligen sind uns darin ein Vorbild, unsere Schwächen zu erkennen sowie den Mut zu haben, unsere Sünden zu bekennen und uns der Vergebung und der Barmherzigkeit Gottes zu öffnen. Der Herr begleite uns in diesem neuen Jahr mit seiner Gnade und seinem Segen und schenke uns seinen Frieden. Ein gutes neues Jahr!

Aus dem Italienischen von Armin Schwibach

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